In Deutschland und Europa schwindet die Geduld mit dem Euro-Sorgenkind Griechenland. Hochrangige Politiker forderten am Wochenende weitere Reformanstrengungen von Athen und warnten vor einer katastrophalen Entwicklung in dem Land.

Berlin/Athen. In Deutschland und Europa schwindet die Geduld mit dem Euro-Sorgenkind Griechenland. Hochrangige Politiker forderten am Wochenende weitere Reformanstrengungen von Athen und warnten vor einer katastrophalen Entwicklung in dem Land. Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker schließt eine Staatspleite Griechenlands nicht mehr aus. Sollten weitere Reformen ausbleiben, könne das Land nicht erwarten, "dass Solidaritätsleistungen von den anderen erbracht werden", sagte Luxemburgs Premierminister dem "Spiegel". "Wenn wir feststellen sollten, dass alles schiefgeht in Griechenland, dann würde es kein neues Programm geben, dann hieße das, dass im März die Pleiteerklärung erfolgt", sagte Juncker. Besonders die geplante Privatisierung von Staatsunternehmen sei deutlich hinter den Verabredungen zurückgeblieben.

In Athen gingen am Wochenende die Gespräche über einen Schuldenschnitt der privaten Gläubiger weiter. Sie sollen auf 70 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Bis zum späten Sonntagabend wurde darüber keine Einigung erzielt. In einem anderen Punkt kam Ministerpräsident Lucas Papademos immmerhin ein kleines Stück voran. Nach einem stundenlangen Verhandlungsmarathon mit den Vorsitzenden der Parteien, die seine Regierung stützen, konnte er verkünden, dass man sich für dieses Jahr auf Einsparungen von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) geeinigt habe. Das sind etwa 3,3 Milliarden Euro. Nach Angaben eines Sprechers von Papademos sollen zum Beispiel die Löhne gesenkt werden, um Griechenland wettbewerbsfähiger zu machen. Die drei Parteichefs der Sozialisten, Konservativen und Rechtsextremen wollten sich heute erneut treffen, um die Verhandlungen über ein zweites milliardenschweres Hilfspaket für Griechenland abzuschließen.

Damit käme Athen nach Einschätzung von Beobachtern den Forderungen der Geldgeber "einen Schritt näher". Eine der Hauptforderungen der Troika von EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) sind Lohnkürzungen - und zwar bis zu 25 Prozent - auch im privaten Sektor. Ministerpräsident Papademos braucht Unterstützung für eine Einigung - andererseits droht im März die Staatspleite, wenn die Troika einem weiteren Rettungspaket von mindestens 130 Milliarden Euro nicht zustimmt.

Josef Ackermann, der Chef des Internationalen Bankenverbands, reiste am Wochenende selbst nach Athen, um die Gespräche über einen Schuldenschnitt fortzusetzen. Er warnte eindringlich vor einem Auseinanderbrechen der Euro-Zone. Das Schicksal Europas stehe auf dem Spiel, und Griechenland habe dabei eine sehr wichtige Rolle, sagte der scheidende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank.