Ultras haben nach Einschätzung eines Nahost-Fußballexperten das alte Regime gestürzt

Berlin/Singapur. Der Nahost-Fußballexperte James M. Dorsey sieht die blutigen Ausschreitungen im Fußballstadion von Port Said als Fortsetzung des Machtkampfs um die Neugestaltung Ägyptens. "Was sich in Port Said abgespielt hat, war politisch", sagte Dorsey. Ultra-Gruppen der großen Fußballvereine seien am Umsturz des alten Regimes maßgeblich beteiligt gewesen. "Es waren Jugendgruppen und es waren Ultras, die Mubarak gestürzt haben", sagte Dorsey. Dabei hätten selbst die beiden großen Kairoer Vereine Al-Ahly und Zamalek ihre Feindschaft zeitweise vergessen: "Es gibt nur eines, was größer war als der Hass zwischen Al-Ahly und Zamalek: der Hass auf das Regime."

Die ägyptischen Ultras seien auch an der Stürmung der israelischen Botschaft mit drei Toten im September und an Protesten auf dem Tahrir-Platz im November beteiligt gewesen, bei denen Dutzende Menschen getötet und Tausende weitere verwundet worden waren. Die exzellent organisierte Ultra-Bewegung sei das Rückgrat der Protestierenden gewesen. "Sie haben eine wichtige Rolle dabei gespielt, die Barriere der Angst zu durchbrechen", sagte der Experte. "Sie waren die Verteidigungslinie der Bewegung. Sie waren vorbereitet. Sie hatten Zwillen und Teams, die ständig Projektile lieferten."

Wie es nun weitergehe, sei noch nicht abzusehen. "Die Ultras sind nach Port Said unglaublich wütend. Diese Leute sind furchtlos. Wenn es sie ihr Leben kostet, dann kostet es sie eben ihr Leben. Es macht ihnen nichts aus, und die Polizei respektiert sie dafür." Wenn die Ultras öffentliche Unterstützung bekämen, wonach es derzeit aussehe, sei die Frage, "welchen Preis das Militär zu zahlen bereit" sei. "Das Militär hat bewiesen, dass es weit geht. Und die Ultras haben bewiesen, dass sie sehr viel einstecken können."

Leider hätten die Ereignisse des vergangenen Jahres gezeigt, dass es ohne Demonstrationen und Blutvergießen in der Region keine Veränderungen geben könne. "Es ist kein schönes Bild, aber nicht notwendigerweise ein pessimistisches", sagte Dorsey.