Bei dem Angriff in der Danakil-Wüste in Äthiopien, der angeblich von eritreischen Rebellen verübt wurde, kamen fünf Menschen ums Leben.

Addis Abeba/Berlin. Es sollte ein Abenteuertrip in eines der abgelegensten Gebiete der Erde werden. Dann aber kamen Bewaffnete aus der Dunkelheit der Danakil-Wüste und eröffneten das Feuer auf die internationale Reisegruppe. Zwei Deutsche, zwei Ungarn und ein Österreicher überlebten den Trip ins äthiopisch-eritreische Grenzgebiet nicht. Für zwei weitere Deutsche sowie zwei äthiopische Begleiter, ein Polizist und ein Fahrer, geht das Grauen womöglich weiter: Sie wurden entführt, sagt der äthiopische Regierungssprecher Bereket Simon. „Sie wurden wahrscheinlich nach Eritrea verschleppt“, sagte Simon. Die Toten und der Rest der Reisegruppe sollten noch am Mittwoch in die Hauptstadt gebracht werden. Das Auswärtige Amt in Berlin konnte diese Angaben bisher nicht bestätigen. Das Außenministerium in Wien bestätigte dagegen den Tod eines Österreichers. Die Identität des Mannes sei noch nicht geklärt, sagte ein Sprecher.

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes teilte in Berlin mit, das Ministerium gehe den Berichten über die Tötung und Entführung von Bundesbürgern mit Hochdruck nach. Wie der Sprecher der äthiopischen Regierung weiter mitteilte, wurden je ein Italiener und ein Ungar bei dem Überfall verletzt. Einer der Reisenden sei den Angreifern unverletzt entkommen. Die Europäer seien in der Nacht zum Dienstag in der Region Afar, einem der heißesten Gebiete auf der Erde, überfallen worden. BKA-Präsident Jörg Ziercke mahnte zur Vorsicht bei der Bewertung des Angriffs. "Das Lagebild ist sehr diffus“, sagte Ziercke in der ARD. Die Hintergründe seien unklar. Das BKA schickte mehrere Mitarbeiter in das Land am Horn von Afrika. Sie sollten noch am Morgen in Richtung der Hauptstadt Addis Abeba aufbrechen, sagte Ziercke. Zudem sei der Verbindungsbeamte der Behörde in Kenia nach Addis Abeba beordert worden. „Wir unterstützen dort die deutsche Botschaft, wir versuchen dort die Interessen der deutschen Staatsangehörigen wahrzunehmen, Kontakt zu den Behörden aufzubauen.“ Auch zu den Angehörigen in Deutschland sei bereits Kontakt aufgenommen worden. Die Täter sollen Simon zufolge von der eritreischen Regierung ausgebildete Banditen sein. Er bezog sich bei seinen Angaben auf äthiopische Sicherheitskräfte.

Zwischen den beiden Nachbarländern brodelt schon lange ein Konflikt: 1962 von Äthiopien annektiert, erreichte Eritrea erst 1993 seine Unabhängigkeit. Damit verlor Äthiopien jeglichen Meereszugang, auch die Grenzen blieben unklar. 1998 spitzte sich die Lage dramatisch zu, im folgenden zweijährigen Krieg kamen rund 100.000 Menschen ums Leben. Bis heute lassen die Regierungen beider Staaten keine Gelegenheit aus, sich gegenseitig Vorwürfe zu machen. So beschuldigt Addis Abeba den Nachbarn, im Januar 2011 einen Anschlag auf das jährliche Gipfeltreffen der Afrikanischen Union (AU) in der äthiopischen Hauptstadt geplant zu haben, der nur knapp habe vereitelt werden können. Eritrea wies die Anschuldigungen des Erzrivalen Äthiopien zurück, die Angreifer der Touristen unterstützt zu haben. Das sei eine Lüge, sagte ein Vertreter Eritreas bei der Afrikanischen Union. Sein Land habe mit den Tätern nichts zu tun.

Regierungssprecher Simon nennt den neuerlichen Zwischenfall eine gezielte Aktion, denn in der kommenden Woche startet in Addis Abeba wieder eine große AU-Konferenz: „Eritrea will die gesamte Region destabilisieren“, sagte er. Ein weiteres Ziel des Angriffs, den er von der Regierung in Asmara ausgebildeten Banditen vorwirft, sei die äthiopische Tourismusindustrie gewesen. Diese hatte in dem ehemaligen Krisenland am Horn von Afrika erst in den vergangenen Jahren an Fahrt gewonnen. Gleichzeitig stellt sich die Frage, warum Touristen immer wieder die seit Jahren bestehenden Reisewarnungen in das Gebiet ignorieren. In den vergangenen Jahren kam es dort mehrmals zu Überfällen und Entführungen, die jedoch meist glimpflich endeten. Die Region – einer der heißesten Orte der Welt – liegt fernab der üblichen Touristenrouten in Äthiopien, ist schwer zugänglich, in der Regenzeit kaum befahrbar und äußerst unwirtlich. Eine Reise in diese Wüste gleicht einer anstrengenden Expedition. Dennoch: Die Region hat trotz aller Risiken ihre Reize.

„Dieses sogenannte Afar-Dreieck ist wunderschön, weshalb ich selbst schon dorthin gereist bin“, sagt ein belgischer Fotograf, der seit sieben Jahren in Äthiopien lebt. „Wenn das Gebiet so gefährlich ist, warum vergibt die äthiopische Regierung dann nach wie vor so einfach die notwendigen Genehmigungen, um dorthin zu fahren?“ Er fügte hinzu, er hoffe, die Behörden würden nun die Zahl der zugelassenen Reisenden in die Region eingrenzen: „Denn der zunehmende Tourismus hat in der Danakil schon viel Schaden angerichtet.“ In die unwirtliche Gegend wagen sich normalerweise außer den Einheimischen nur Forscher, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Abenteuer-Touristen. Berühmt ist das Gebiet für die sogenannte Danakil-Depression, ein unter dem Meeresspiegel gelegenes Gebiet mit Salzminen und Vulkanen.

Das Auswärtige Amt warnt in seinen Reisehinweisen davor, dass es in dem Gebiet zu Überfällen durch Banditen und Untergrundorganisationen sowie zu Entführungen kommen kann. Das Auswärtige Amt rät, unbedingt erforderliche Fahrten durch das Gebiet den örtlichen Behörden mitzuteilen und um entsprechende Schutzmaßnahmen zu bitten. Die Grenzübergänge zwischen Äthiopien und Eritrea seien geschlossen. Die aktuellen Sicherheitshinweise gelten unverändert seit dem 22. November 2011. Die Behörde weist darüber hinaus auf Risiken im Grenzgebiet zu Somalia hin und rät aufgrund von Entführungsgefahr von Reisen in die Somali-Region südlich und östlich von Harar und Jijiga ab. Ebenfalls abgeraten wird von Reisen in die Grenzregion zum Sudan. Der Dresdner Reiseveranstalter Diamir hat nach dem Überfall alle Reisen in die betroffene Region abgesagt. Betroffene und deren Angehörige würden betreut, teilte das Unternehmen auf seiner Internetseite weiter mit. Unklar blieb, wie viele Urlauber über den Veranstalter nach Äthiopien gereist waren.

Der Kanadier Xavier Furtado, der in Addis Abeba arbeitet, hatte für dieses Jahr eine Tour geplant. „Das werde ich jetzt natürlich nicht machen, aber irgendwann in der Zukunft möchte ich die Danakil besuchen. Ich habe viele Fotos gesehen, die Region ist spektakulär, und einige Freunde von mir waren da und hatten keinerlei Probleme.“ Die Danakil-Senke oder Danakil-Depression liegt bis zu 110 Meter unter dem Meeresspiegel und ist damit auch einer der tiefsten Orte der Erde. Zahlreiche einzigartige Naturwunder sind zu besichtigen, darunter Salzseen und der Vulkan Erta Ale, in dessen Krater ein See aus feuriger Lava brodelt. In der Nähe dieses „Berges, der raucht“ - wie die Übersetzung des Namens heißt – soll sich der Überfall ereignet haben.

Mit Material von rtr und dpa