US-Geologen entdecken Bodenschätze im Wert von einer Billion Dollar. Afghanistan könnte zu einem führenden Rohstoff-Exporteur aufsteigen.

Hamburg/New York. Der Auslöser für Horst Köhlers Rücktritt vom Amt des Bundespräsidenten war dem Vernehmen nach seine hochgradige Verärgerung über die harsche Kritik an einer Bemerkung , die Bundeswehr-Einsätze mit deutschen Wirtschaftsinteressen in Zusammenhang stellte. Köhler hatte sich dabei aber ganz offensichtlich auf Anti-Piraten-Einsätze zur Freihaltung der Seewege bezogen, nicht aber auf Afghanistan. Denn welches Wirtschaftsinteresse sollte eine Armee in diesem riesigen, kargen und bitterarmen Land verteidigen? Afghanistan, so hieß es bislang stets, habe doch außer Drogenanbau absolut nichts zu bieten.

Doch sämtliche strategischen Parameter bezüglich des Hindukusch haben sich nach einem Bericht der "New York Times" schlagartig verändert. Das Blatt berichtete gestern exklusiv, dass amerikanische Geologen in Afghanistan Mineralvorkommen im Wert von rund einer Billion Dollar entdeckt haben. Das sind Tausend Milliarden Dollar - genug, um die Wirtschaft des Kriegslandes komplett zu sanieren.

Die Vorräte an Kupfer, Eisen, Gold, Kobalt und Lithium könnten Afghanistan in die Liste der weltweit führenden Rohstoff-Exporteure katapultieren. Die gigantischen Vorräte wurden von Geologen der US-Behörde "United States Geological Survey" (USGS) gemacht, die inzwischen den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai informiert haben. Sie kamen den Bodenschätzen, die über das ganze Land verteilt sind, aufgrund 35 Jahre alter sowjetischer Karten und Daten auf die Spur.

Das Material sowjetischer Bergbauexperten war nach dem Abzug der sowjetischen Armee den Afghanen übergeben worden und schlicht in Vergessenheit geraten. Die US-Geologen stießen in Kabul auf diesen Schatz und nutzten zunächst eine alte Orion-P-3-Maschine der US-Navy, um sich einen ersten Überblick über 70 Prozent des afghanischen Territoriums zu verschaffen. Als dieser Überblick sehr vielversprechend ausfiel, bestückte man einen alten britischen Bomber mit modernster Ausrüstung, um aus der Luft eine dreidimensionale Erfassung der Bodenschätze vorzunehmen - die gründlichste in der gesamten afghanischen Geschichte. Mit sensationellem Resultat.

Wirtschaftlich interessant ist vor allem Lithium: Das federleichte, silberweiße Metall ist ein wesentliches Element bei der Herstellung von Akkus für Computer und Handys, bei der Abschirmung in der Kerntechnik, für besonders leichte Aluminiumlegierungen in der Luft- und Raumfahrt und sogar in Form von Lithiumsalzen bei der Bekämpfung von Depressionen. Bislang wurden die größten Lithiumvorkommen in Bolivien entdeckt, doch nach den amerikanischen Forschungen sind die Vorräte in Afghanistan mindestens so groß wie die bolivianischen. "Das wird das Rückgrat unserer Wirtschaft werden", sagte Dschalil Dschumriani, Berater des afghanischen Bergbauministeriums.

Noch sind die Vorkommen gar nicht erschlossen, da bahnt sich bereits der erste Konflikt auf strategischer Ebene an. China hat sich sofort einen riesigen Auftrag zum Abbau von Kupfer gesichert. Dies wird mit großem Argwohn von den USA betrachtet, die verfolgt haben, wie China sich bereits großen Einfluss in Afrika gesichert hat, indem es dort in gewaltigem Maße Bodenschätze abbaut und überdies Güter gegen billige Kredite liefert.

Ein weiteres Problem ist die grassierende Korruption in Afghanistan - und nicht zuletzt in der Regierung. Den Auftrag zum Abbau des Kupfers in Aynak in der Provinz Logar hatte Peking offenbar erhalten, indem es dem afghanischen Bergbauminister 30 Millionen Dollar Bestechungsgelder zukommen ließ. Der Minister wurde inzwischen ersetzt. Doch Washington glaubt, dass Chinas Hunger nach Bodenschätzen weiter wachsen wird. Oligarchen und Kriegsherren, so fürchten die Amerikaner, könnten sich die Kontrolle über die Abbaugebiete aneignen und sich hemmungslos bereichern.

In Washington sieht man schon die Option, dass sich die Taliban und China die Taschen vollstopfen, während die Amerikaner militärisch und finanziell ausbluten. Auch ein zweiter Bewerber um die Ausbeutung afghanischer Bodenschätze ist am Start: Russland will zunächst Gasfelder erschließen.