Papst Benedikt XVI. wendet sich zum ersten Mal an die Opfer des Missbrauchs in der katholischen Kirche

Rom. Es waren Worte, auf die Gläubige aus aller Welt lange gewartet hatten. "Wir bitten Gott und die betroffenen Menschen inständig um Vergebung und versprechen zugleich, dass wir alles tun wollen, um solchen Missbrauch nicht wieder vorkommen zu lassen", sagte Papst Benedikt XVI. am Freitag auf dem Petersplatz im Vatikan. Zum ersten Mal und in aller Deutlichkeit hat der Papst damit für die Fälle sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in der katholischen Kirche um Entschuldigung gebeten.

Vor rund 15 000 ganz in Weiß gekleideten Priestern aus aller Welt kündigte Benedikt an, "dass wir bei der Zulassung zum priesterlichen Dienst und bei der Formung auf dem Weg dahin alles tun werden, was wir können, um die Echtheit der Berufung zu prüfen, und dass wir die Priester mehr noch auf ihrem Weg begleiten wollen". Anlass der Zusammenkunft der Geistlichen in Rom war die Messe zum Abschluss des Priesterjahres. Der Papst hatte es im Juni 2009 ausgerufen, um das Bild der Geistlichen nach innen und außen zu verbessern und für Nachwuchs zu sorgen. Benedikt XVI. sagte in seiner Predigt, es hätte ein Jahr der Freude sein sollen, habe aber "Sünden von Priestern" ans Licht gebracht, "vor allem den Missbrauch der Kleinen".

In zahlreichen Ländern sind in den vergangenen Monaten sexuelle Übergriffe von Priestern auf Minderjährige aufgedeckt worden. Besonders viele und zum Teil drastische Fälle von Gewalt und Missbrauch gab es in Irland, den USA, Belgien und Deutschland. Die katholische Kirche stürzte in eine Vertrauenskrise, die bis heute anhält.

Viele Gläubige äußerten heftig Kritik an der zögerlichen Reaktion des Vatikans: Zwar hatte sich der Papst mehrfach von den Misshandlungen durch pädophile Geistliche distanziert, jedoch waren klare Worte bislang ausgeblieben. Viele Gläubige warteten auf eine deutliche Stellungnahme - und halten ihre Kritik auch nach den jüngsten Worten aufrecht. So befand die katholische Reformbewegung "Wir sind Kirche" die Entschuldigung als verspätet und unzureichend. "Die Bitte um Vergebung ist überfällig, aber sie reicht bei Weitem nicht aus", sagte eine Sprecherin der "Leipziger Volkszeitung". Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Josef Winker, begrüßte jedoch die Papst-Äußerung: "Es ist gut, dass der Papst erneut den Missbrauchsskandal innerhalb der katholischen Kirche angesprochen hat." Die Zusicherung, Missbrauch künftig zu verhindern, müsse in den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz konsequent umgesetzt werden.

Am Vorabend der Messe hatte Benedikt die in der Diskussion stehende vorgeschriebene Ehelosigeit als zentralen Bestandteil des Priesterseins verteidigt. Ungläubige sähen den Zölibat vielleicht als "Skandal", sagte er. Es sei aber "ein Akt des Vertrauens und der Treue zu Gott". Angesichts der Missbrauchsskandale hatte sich vor Kurzem auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, für eine Lockerung ausgesprochen.