Spitzenreiter in Flandern fordert mehr Autonomie für die Region

Brüssel. Belgien steckt seit Monaten in einer politischen Krise, und die Parlamentswahlen am Sonntag könnten alles noch schlimmer machen. Der Streit zwischen Flamen und Frankofonen um institutionelle Reformen, der Ende April die Regierung von Yves Leterme sprengte, könnte sich bei einem Wahlsieg der Neuen Flämischen Allianz (NVA) in Flandern noch verschärfen. Die Regierungsbildung dürfte Belgien über den 1. Juli hinweg beschäftigen, wenn es turnusgemäß den EU-Ratsvorsitz übernimmt.

Die Umfragen sehen die NVA im größten Landesteil Flandern mit gut einem Viertel der Stimmen vorn. Sie strebt eine weitgehende Autonomie für Flandern an. Fernziel ist dabei ein komplett unabhängiges Flandern. Unter den französischsprachigen Parteien gelten die Sozialisten (PS) als Favoriten, die den Autonomiebestrebungen skeptisch gegenüberstehen - wie die meisten Frankofonen.

Der sich volksnah gebende NVA-Spitzenkandidat Bart De Wever wäre nach eigener Aussage gewillt, im Gegenzug für mehr Autonomie auf das Amt des belgischen Regierungschefs zu verzichten. "Die flämischen Politiker, die diesen Posten akzeptiert haben, haben dabei ihr Programm geopfert. Ich bin nicht bereit, dies zu tun", sagte De Wever. So wäre mit PS-Chef Elio Di Rupo erstmals nach Jahrzehnten wieder ein frankofoner Premier denkbar.

7,7 Millionen Belgier sind verpflichtet, für die 150 Sitze in der Abgeordnetenkammer ihre Stimme abzugeben. Dabei spiegelt das Wahlsystem die Teilung des Landes wider: Von den großen Gruppierungen wie Sozialisten und Liberalen existiert eine flämische und eine frankofone Partei. Sie punkten jeweils nur in ihrer Sprachgruppe.