Nach fünf Monaten ist die belgische Regierung schon wieder am Ende. Auslöser der Krise ist der Sprachenstreit zwischen Flamen und Frankophonen.

Brüssel. Zwei Monate vor Übernahme des EU-Ratsvorsitzes ist Belgiens Regierung unter Yves Leterme am Sprachenstreit zwischen Flamen und Frankophonen zerbrochen. Leterme habe fünf Monate nach seinem Antritt den Rücktritt der Regierung eingereicht. Allerdings halte König Albert II. „seine Entscheidung noch offen“, erklärte am Donnerstagnachmittag der Palast in Brüssel. Damit fiel auch das mit Spannung erwartete Parlamentsvotum über ein strenges Burka-Verbot in Belgien aus.

Am Vormittag hatte die Partei der flämischen Liberalen Open VLD den Bruch der Regierungskoalition erklärt. „Die Open VLD hat das Vertrauen in diese Regierung verloren“, sagte der Parteivorsitzende Alexander De Croo. Der Königspalast erklärte daraufhin, eine politische Krise könne für die wirtschaftliche und soziale Lage der Belgier erhebliche Nachteile bringen. Sie würde auch „schweren Schaden für Belgiens Rolle auf der europäischen Ebene“ anrichten. Belgien übernimmt im Juli den rotierenden Vorsitz im EU-Ministerrat.

Grund für den Bruch war der seit Jahren ungelöste Streit zwischen französischsprachigen und niederländischsprachigen Belgiern, der die Regierung in Brüssel immer wieder in Schwierigkeiten bringt. Im Zentrum des Sprachenstreits steht seit Jahren das flämische Umland der Hauptstadt Brüssel. Brüssel ist offiziell zweisprachig, de facto aber vor allem frankophon. Nachdem immer mehr Frankophone in die flämischen Vororte zogen fürchteten flämische Politiker und Bürger um den flämischen Charakter der Orte.

Ein Teil der Flamen will die Minderheitenrechte der Frankophonen beschneiden, darunter etwa das Recht auf den Gebrauch des Französischen vor Gericht oder das Recht, Brüsseler Abgeordnete zu wählen. Bisher bilden Brüssel und das Umland einen einzigen Wahl- und Gerichtsbezirk. Flämische Politiker wollen eine klare Trennung. Frankophone Politiker fordern hingegen, dass Orte mit frankophoner Mehrheit Brüssel zugeschlagen werden.

Es ist bereits das dritte Mal, dass der flämische Christdemokrat Leterme den Rücktritt seiner Regierung einreicht; einmal hatte der König abgelehnt. Zuletzt war Leterme im Dezember 2008 über die Affäre um den Finanzkonzern Fortis gestürzt, bei der ihm versuchte Einflussnahme auf die Justiz vorgeworfen wurde. Er kam im November 2009 wieder ins Amt, nachdem sein Parteikollege Herman Van Rompuy zum ständigen EU-Ratspräsidenten bestimmt wurde.