Brüssel. Sie sind so geheim, dass es nur Schätzungen über ihre Zahl gibt. 160 bis 200 US-Atombomben sollen in Europa lagern. In mehrfach gesicherten Beton-Grüften in Deutschland, Belgien, Italien, den Niederlanden und der Türkei. In der Nato wird diskutiert, was mit diesen taktischen, "substrategischen" Atomwaffen geschehen soll. Die Frage ist umstritten - und steht heute im Mittelpunkt des Treffens der Nato-Außenminister im estnischen Tallinn.

Für die Bundesregierung äußerte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) die Hoffnung, dass die angestrebten Reduzierungen von Atomwaffen kürzerer und mittlerer Reichweite in Europa Teil umfassender Abrüstungsgespräche würden. Die schwarz-gelbe Koalition strebt vor allem den Abzug der verbliebenen rund 20 amerikanischen Atombomben in Deutschland an. Dagegen ist dies für die US-Regierung ein eher nachgeordnetes Thema. Osteuropäische Nato-Staaten sehen diese Nuklearwaffen als Rückversicherung gegenüber Russland - selbst wenn mittlerweile sogar Polen eine umfassende Debatte über das Thema befürwortet. Zudem warnen auch deutsche Politiker wie der Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Abrüstung, Roderich Kiesewetter, davor, dass ein einseitiger Abzug der US-Waffen aus der Türkei auch kontraproduktiv sein könnte. So müsse sichergestellt werden, dass die Türkei dann nicht selbst Atomwaffen entwickele.

Im Zusammenhang mit der Debatte über ein neues strategisches Konzept der Nato bekräftigte die Bundesregierung unterdessen die ablehnende Haltung gegenüber einer "globalen Nato". Vielmehr sollte im neuen Strategiekonzept der Artikel 5, also die Sicherheit des Bündnisgebietes selbst, betont werden. Außerdem möchte die Bundesregierung die Nato stärker als politisches Forum für den transatlantischen Dialog nutzen.