Der Besitz von Nuklearwaffen wurden zwar nicht bestätigt, der Atomwaffensperrvertrag aber auch nicht unterzeichnet.

Jerusalem. Offiziell äußert sich die israelische Regierung nicht dazu, warum Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seine Teilnahme an einem von US-Präsident Barack Obama organisierten Atomgipfel in der kommenden Woche abgesagt hat. Doch unter Berufung auf Regierungskreise berichteten israelische Medien schon bald, in Jerusalem habe man gehört, dass einige arabische Staaten auf der Konferenz Druck auf Israel ausüben könnten, den Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichnen. Damit aber würde Israel ins Zentrum der Konferenz rücken, deren Thema doch eigentlich sein sollte, wie verhindert werden könne, dass Atomwaffen in die Hände von Terroristen geraten. Indirekt steht damit auch der Atomstreit mit dem Iran auf der Agenda - schließlich unterstützt Teheran offen terroristische Organisationen wie die libanesische Hisbollah und die palästinensische Hamas.

Es wäre für Israel tatsächlich sehr unangenehm gewesen, wenn ausgerechnet die Anwesenheit Netanjahus dazu geführt hätte, dass der Iran zum Nebenschauplatz geworden wäre. Denn Israels Umgang mit dem eigenen Atomprogramm ist formal nicht unproblematisch. In Jerusalem bestätigt man den Besitz von Nuklearwaffen zwar nicht, man streitet ihn aber auch nicht ab. Israel werde nicht der erste Staat sein, der Atomwaffen in die Region einführe, heißt es seit fast vier Jahrzehnten offiziell. So wollen die Israelis vermeiden, dass arabische Regimes in der Region sich genötigt sehen, ebenfalls Atomwaffen zu entwickeln. Dennoch gilt als sicher, dass der gefährdete Staat Israel zur Abschreckung seit Langem über Atomwaffen verfügt. Da Israel den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat, hat die internationale Gemeinschaft aber kein Recht, Inspektionen zu fordern.

Schon vor mehreren Tagen berichteten israelische Medien, man gehe in Jerusalem davon aus, dass einige Redner wie der ägyptische Präsident Husni Mubarak auch dieses Mal fordern würden, die internationale Gemeinschaft solle Israel zur Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrages drängen und auf Inspektionen bestehen. Das schien zunächst niemandem große Sorgen zu bereiten. Aus dem Büro des Ministerpräsidenten hieß es jedenfalls, Israel sei an der Formulierung der Abschlusserklärung beteiligt gewesen, um sicherzustellen, dass keine Erwähnung der israelischen Atomanlagen Eingang in ein offizielles Dokument findet. So ist es wahrscheinlich, dass Netanjahus Entscheidung mehrere Gründe hatte: Sicher wollte man der Gefahr einer unangemessenen Fokussierung auf Israel vorbeugen. Andererseits hat Netanjahu momentan wenig Grund, sich in Washington willkommen zu fühlen. Ein Treffen mit Obama sollte eh nicht stattfinden.

Derweil hat der Iran nach eigenen Angaben erfolgreich leistungsstärkere Zentrifugen der dritten Generation entwickelt. Sie könnten Uran sechsmal schneller anreichern als die bisher in der Atomanlage in Natans verwendeten Zentrifugen. Die USA und Großbritannien reagierten "tief beunruhigt" über die Ausdehnung des Atomprogramms. Der Westen verdächtigt den Iran, heimlich an Atomwaffen zu bauen. Teheran betont dagegen den rein zivilen Charakter seines Programms. Präsident Mahmud Ahmadinedschad sagte am Freitag: Der Iran sei eine "Nuklearmacht, ob es seine Feinde nun akzeptieren oder nicht". Atomwaffen lehne er hingegen als "unmenschlich" ab. Philip Crowley, Sprecher des US-Außenministeriums: Die Nutzung von Zentrifugen der dritten Generation zeige, dass Teheran mit seinem Atomprogramm "schändliche Absichten" verfolge. Hätte der Iran friedliche Absichten, "dann braucht er keine schnelleren Zentrifugen".