Die Regierung will die immer noch schwächelnde Wirtschaft weiter mit staatlichen Mitteln aufpäppeln - und dennoch weniger Schukden machen.

London. Wenige Wochen vor der Parlamentswahl versucht die britische Regierung mit ihrem letzten Haushaltsbericht einen Drahtseilakt – und verschiebt den Kampf gegen die Rekordschulden auf später. Zwar erklärte Finanzminister Alistair Darling am Mittwoch in London, weniger Schulden als vorausgesagt machen zu wollen. Jedoch will die Regierung die immer noch schwächelnde Wirtschaft weiter mit staatlichen Mitteln aufpäppeln. Zudem zielte Darling mit Zugeständnissen an ärmere Menschen auf die Stammwähler seiner sozialdemokratischen Labour-Partei. Wähler vergraulen könnte er dagegen mit höheren Steuern auf Alkohol, Tabak und Benzin.

„Ziel ist, die Verschuldung runterzufahren, ohne die Erholung zu gefährden“, sagte der Schatzkanzler vor dem Unterhaus. Großbritannien hat eine der schlimmsten Rezessionen gerade hinter sich, gewählt wird voraussichtlich am 6. Mai.

Im kommenden Finanzjahr von April an soll die Verschuldung 163 Milliarden Pfund (180 Mrd Euro) betragen. Das sind zwar 13 Milliarden Pfund weniger als erwartet, aber mehr als elf Prozent des Bruttoinlandsproduktes – das Limit in der EUist eigentlich drei Prozent. Darling bekräftigte unter Gelächter der Opposition, das Defizit in den kommenden vier Jahren zu halbieren. Von 2011 an gebe es dann die „härtesten Einschnitte seit Jahrzehnten“.

EU-Währungskommissar Olli Rehn griff die Briten wegen ihrer Haushaltspolitik unterdessen frontal an. Großbritannien sei das einzige Land in der EU, das sich nicht an Sparvorgaben der Union halte, sagte er in Brüssel. London bekam im vergangenen Jahr von der EU die Vorgabe, bis zum Haushaltsjahr 2014/15 sein Defizit unter die Marke von drei Prozent zu drücken.

Obwohl die britische Regierung angekündigt hatte, es werde keine „Werbegeschenke“ vor der Wahl geben, versprach Darling Arbeitslosen und Menschen, die zum ersten Mal ein Haus kaufen, mehr Hilfe. Zudem will er eine „Grüne Investmentbank“ einführen, die über zwei Milliarden Pfund verfügt und umweltfreundliche Industrien wie Windkraftparks fördern soll. Gleichzeitig setzte er sich für eine Bankenabgabe ein, die aber – anders als von der Oppotition gefordert - nur international beschlossen werden könnte.

Der Haushaltsbericht hat allerdings nicht allzu große Wirkkraft:Die konservativen Tories – die in Umfragen derzeit die Nase vorne haben – haben schon angekündigt, sofort einen „Notfall- Etat“ vorzulegen, sollten sie an die Macht kommen. Und auch wenn Labour die nächste Regierung stellt, wird es Änderungen geben.

Die Konservativen zerrissen den Haushaltsbericht dann auch in der Luft. Labour seien die Ideen ausgegangen und hätte „kompletten Mist“ angerichtet, sagte Oppositionschef David Cameron. „Es ist, als würde der Kapitän der Titanic sagen: „Lasst mich ans Steuer der Rettungsboote“.“