Mit einer Bevölkerungszahl von 160 Millionen, der zweieinhalbfachen Fläche Deutschlands und enormem Ölreichtum ist Nigeria ein Gigant der Zukunft. Theoretisch. Denn seine vielfältigen Probleme wirken, als hätte eine Forschungsgruppe sie für ein zynisches Planspiel entworfen: knapp die eine Hälfte der Bevölkerung christlich, die andere muslimisch, beide bis aufs Blut verfeindet, Jahrzehnte brutaler Tyrannei, eine kleptokratische Elite bei hungernden Massen, schier unglaubliche Korruption, Kriminalität und Umweltzerstörung, eine Lebenserwartung von gut 50 Jahren.

Die gegenseitigen Massaker an Christen und Muslimen haben zwar auch mit Religion zu tun, in erster Linie aber mit Verzweiflung. Es sind blutige Verteilungs- und Überlebenskämpfe in einem zerrissenen Vielvölkerstaat ohne demokratische Traditionen und mit einer schwachen Regierung. Westafrikas mächtigstes Land bietet ideale Brutverhältnisse für muslimischen Extremismus und das Abrutschen in einen gebietsweise gescheiterten Staat.