Bei der Erwähnung des Namens Griechenland läuft dem humanistisch Gebildeten das Wasser im Mund zusammen: Homer! Die "Ilias"! Die "Odyssee"! Griechenland, so viel ist sicher, ist ein Hauptquell des überreichen europäischen Kulturstromes. Und die Demokratie haben die Hellenen nebenbei auch noch erfunden. Dem ökonomisch Gebildeten tritt bei Nennung des Namens allerdings eher der Schweiß auf die Stirn. Korruption! Vetternwirtschaft! Verschwendung!

Dass die Griechen irgendwann vor der Staatspleite stehen würden, war abzusehen. Jahrzehntelang lebte das Land kräftig über seine Verhältnisse; zudem macht die schier unglaubliche Korruption nach fundierten Schätzungen bis zu 40 Prozent des Bruttosozialproduktes aus. Wer viel Geld verdient und brav Steuern zahlt, gilt als Narr. In den Häfen dümpelnd viele Luxusjachten, deren Besitzer wenige Hundert Euro als Einkommen angeben.

Und hier liegt das Kernproblem der Griechen, dem mit unpopulären Erste Hilfe-Maßnahmen wie Mehrwertsteuererhöhungen oder Einfrieren der Renten nicht grundlegend beizukommen ist. Griechenland sei im Kriegszustand mit den Schulden, hat Regierungschef Papandreou gesagt. Doch es geht um einen Krieg, den die Griechen vor allem mit ihren lieb gewordenen Gewohnheiten ausfechten müssen. Schuldzuweisungen an die EU sind fehl am Platze. Aber für alle ernst gemeinten Bemühungen beim Ausmisten dieses verkrusteten Augiasstalles - der Held Herakles hat es vorgemacht - verdient Griechenland Respekt und Solidarität.