Berlin/ Frankfurt. Ein Abgeordneter der national-konservativen Schweizer Volkspartei (SVP) droht deutschen Politikern mit Enthüllungen über mögliche Steuersünden. Alfred Heer, Nationalrat aus Zürich, hat nach Informationen der "Frankfurter Rundschau" eine parlamentarische Initiative ausgearbeitet. Aus dem Papier ergibt sich, dass die SVP das Schweizer Bankgeheimnis mit einer Neuregelung einschränken könnte.

"Dem Geheimnis nicht unterstellt sind Bankbeziehungen, welche von deutschen Amtsträgern direkt oder indirekt unterhalten werden", heißt es darin. Zur Begründung seiner Initiative schreibt der SVP-Politiker Alfred Heer: "Deutsche Politiker fordern ein Ende des Bankgeheimnisses, um ihre Bürger zu kontrollieren und zu kriminalisieren." Die Politiker "kaufen gestohlene CDs mit Bankdaten und missachten somit die Schweizer Rechtsordnung". Um der "Doppelmoral deutscher Mandatsträger" ein Ende zu setzen, sei für sie der Schutz des Bankgeheimnisses aufzuheben.

"Wir halten nichts von diesem Vorschlag", sagte Thomas Christen, Generalsekretär der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz der "Frankfurter Rundschau". Er prophezeite: "Das wird keine Mehrheit finden."

Heer war gestern zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Deutsche Politiker reagierten gelassen auf die neuen Töne aus der Schweiz. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß nannte die Drohung Heers "krude".

Der Vorsitzende des Finanzausschusse des Deutschen Bundestags, Volker Wissing (FDP), sagte dem Hamburger Abendblatt: "Wenn man in der Schweiz meint, so einen Beitrag zur Aufklärung von Steuerhinterziehung in Deutschland leisten zu können, dann sage ich: Nur zu! Es ist zu begrüßen, wenn die Schweiz jetzt auch aus Eigeninitiative relevante Daten übermitteln will. Dass man die Ankündigung dort als Provokation oder Drohung versteht, ist allerdings skurril."

Der Chef der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Dieter Ondracek, nannte die Initiative "nichts anderes als ein Erpressungsversuch". Die Forderungen nach Veröffentlichungen von Schweizer Kontodaten deutscher Politiker seien von Rachemotiven getrieben. "Sowieso gilt auch für deutsche Politiker genauso wie für den normalen Steuerzahler: Wenn ein Politiker unversteuertes Geld auf Schweizer Konten liegen hat, sollte er sich sofort selbst anzeigen", sagte Ondracek dem Hamburger Abendblatt.

Während bundesweit die Zahl der Selbstanzeigen von Steuersündern täglich ansteigt, ist unklar, wie weit die Auswertungen der Daten-CD fortgeschritten sind. Als wahrscheinlich gilt, dass Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen bereits im Besitz der Daten-CD sind. Weder die Steuerfahndung Wuppertal als auch das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen machen allerdings Angaben zu den laufenden Verfahren. "Ich gehe davon aus, dass die CD bereits von den Steuerfahndern in Wuppertal gekauft wurde. Die rechtliche Grundlage dafür ist geebnet. Die Beamten machen sich beim Einkauf der Daten nicht strafbar", sagte Dieter Ondracek.

Noch immer ist nicht klar, welche Steuerfahnder die Akten überprüfen werden und welche Staatsanwaltschaft das Verfahren dann aufarbeiten wird. "Wenn wir davon ausgehen, dass die CD mit den Daten schon bei der Steuerfahndung in Wuppertal vorliegt, wird schnell eine Sonderkommission mit Beamten aus Nordrhein-Westfalen gebildet werden, die den kompletten Datensatz überprüfen wird", sagte Ondracek. Ein Teil der Daten gehe dann an die anderen Bundesländer.