Guido Westerwelle hat sich dafür ausgesprochen, Afghanistan 2010 erste Verantwortung für die Sicherheit des Landes zu übergeben.

Berlin. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) will Afghanistan noch 2010 erste Verantwortung für die Sicherheit des Landes übergeben. Auf der Konferenz in London solle am Beginn des Übergabeprozesses gearbeitet werden, sagte er dem „Focus“. Der Bundeswehrverband forderte vor einer möglichen Truppenaufstockung eine Bilanz des bisherigen Einsatzes. Die SPD warnte vor einer Militarisierung der Afghanistan-Mission.

„Wir sollten den Ehrgeiz haben, wo es regional geht, den Afghanen mehr Verantwortung für ihr Land zu übertragen“, sagte Westerwelle. Dies schaffe eine Abzugsperspektive für die Bundeswehr aus Afghanistan. Auf der Afghanistan-Konferenz Ende Januar „sollten wir daran arbeiten, den Übergabeprozess der Sicherheitsverantwortung an Afghanistan „von 2010 an zu beginnen“.

Westerwelle betonte zugleich, er habe „nie mit einem Boykott“ der Afghanistan-Konferenz gedroht. Gleichwohl könne die Konferenz keinen Erfolg haben, wenn es nur um zusätzliche Truppen gehe. „Manche halten es schon für eine gute Außenpolitik, wenn man einfach zu allem ja sagt, was von anderen Regierungen vorgeschlagen wird“, sagte Westerwelle mit Blick auf die US-Truppenforderungen. „Mein Anspruch ist, dass wir uns selbst eine Meinung bilden und dann mit unseren Verbündeten gemeinsam eine Strategie entwickeln.“

Deutliche Skepsis gegenüber einer Truppenaufstockung äußerte FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger. „Die Frage nach einer Aufstockung des deutschen Kontingents stellt sich im Augenblick nicht“, sagte sie dem „Hamburger Abendblatt“ vom Samstag. Deutschland übernehme „heute schon extrem viel Verantwortung in Afghanistan – weit über die Nordregion hinaus“. Homburger erklärte am Samstag in Berlin, Westerwelle stelle „der Verengung aufs Militärische eine klare politische Strategie entgegen“. In London müsse es um einen „ganzheitlichen, politischen Ansatz“ zu Afghanistan gehen.

Der Chef der CSU-Landesgruppe, Hans-Peter Friedrich, lehnte eine frühzeitige Festlegung für oder gegen eine Aufstockung der deutschen Truppen ab. Friedrich sagte der „Süddeutschen Zeitung“ vom Samstag, wer jetzt alles ausschließe, nehme sich für die Afghanistan-Konferenz Ende Januar in London jede Verhandlungsposition. Anders als CSU-Chef Horst Seehofer schließt Friedrich eine Aufstockung allerdings nicht aus. „Sollten wir für eine beschränkte Zeit mehr Soldaten brauchen, werden wir dafür öffentlich eintreten“, sagte er. Seehofer hatte jüngst erklärt, er halte nichts von einer Truppenaufstockung.

Der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl drängte auf ein konkretes Ausstiegs-Szenario in Afghanistan. „Das heißt, wir werden festlegen, wann die ersten deutschen Soldaten das Land verlassen“, sagte er dem Magazin „Focus“.

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung„: „Es muss in den nächsten Jahren deutlich mehr Sicherheit in Afghanistan entstehen, weil wir politisch und materiell den Einsatz, so wie er derzeit ist, nicht mehr lange durchhalten.“ Was den Abzug der Bundeswehr angeht, wollte Arnold zwar keinen präzisen Zeitpunkt nennen: „Aber mit den nächsten Jahren meine ich die laufende Legislaturperiode, in der eine Wende geschafft werden muss. „

Der Bundeswehrverband verlangt von der Bundesregierung eine ehrliche Bilanz über den bisherigen Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistans. Anders mache eine Debatte über eine etwaige Truppenverstärkung am Hindukusch keinen Sinn, sagte Verbandschef Ulrich Kirsch der „Rheinpfalz am Sonntag“.