Der 53 Jahre alte Brite Akmal Shaikh soll mehr als vier Kilogramm Heroin in die Provinz Xinjiang geschmuggelt haben. Peking weist Kritik Londons an Hinrichtung als “grundlos“ zurück.

Peking. Die Hinrichtung des 53-jährigen Briten Akmal Shaikh wegen Drogenschmuggels in China schlägt zwischen London und Peking hohe außenpolitische Wellen. Premierminister Gordon Brown sagte ebenso wie sein Außenminister David Miliband nach der Bekanntgabe der Hinrichtung, er sei "entsetzt, schockiert und enttäuscht". Eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums wies diese Stellungnahmen brüsk als "grundlos" zurück. Chinas Justiz sei unabhängig und "erlaubt keine ausländische Einmischung. Niemand hat das Recht, sich von außen über sie unqualifiziert zu äußern." China verwahre sich "entschieden" gegen die "unberechtigten Vorwürfe" und sei darüber "stark unzufrieden. Wir fordern die britische Seite auf, ihre Einstellung zu korrigieren, um Schaden von den Beziehungen abzuwenden" und keine "neuen Hindernisse aufzubauen".

Vor diesem verbalen Schlagabtausch hatte sich Pekings Oberstes Gericht am Dienstag über in letzter Minute abgegebene Appelle von Mitgliedern der Regierung Gordon Brown und verzweifelte Gnadengesuche der Familienmitglieder von Akmal Shaikh hinweggesetzt. Es hatte diese Bitten um einen Aufschub des Urteils ebenso ignoriert wie frühere zahlreiche Eingaben während der zwei Jahre des Verfahrens. 27-mal hatte sich die britische Botschaft an Chinas Justiz mit der Aufforderung gewandt, den psychischen Zustand des Todeskandidaten untersuchen zu lassen, weil starke Zweifel an seiner Zurechnungs- und Schuldfähigkeit bestehen. In einer Erklärung des Obersten Gerichts, die gestern offenbar erst veröffentlicht wurde, als Shaikh schon tot war, heißt es, dass das Gericht die Exekution genehmigt hat. Die von Botschaftsseite und anderen britischen Organisationen eingereichten "Dokumente konnten weder eine psychische Zerrüttung beim Betroffenen noch eine entsprechende familiäre Krankengeschichte belegen". Die Todesstrafe sei der Schwere seiner Tat angemessen. "Das Verbrechen ist extrem. Er hat riesige Mengen Heroin geschmuggelt. Die Beweise sind gesichert, die Fakten klar."

Shaikh wurde in Xinjiangs Hauptstadt Ürümqi mit einer Giftinjektion unter höchster Geheimhaltung hingerichtet. Es war die erste Exekution eines europäischen Staatsbürgers in der Volksrepublik seit über einem halben Jahrhundert. Bis gestern Abend wurde noch nicht einmal die Zeit seines Todes bekannt gegeben. Der gebürtige Pakistaner, der als Kind nach Großbritannien kam und eingebürgert wurde, war im September 2007 bei seiner Einreise nach China von Tadschikistan mit 4030 Gramm Heroin in seinem Koffer auf dem Flughafen von Ürümqi erwischt worden. Auf Drogenschmuggel stehen in China drakonische Strafen. Schon der Besitz von 50 Gramm Heroin reicht nach dem Strafgesetzbuch für die Todesstrafe aus. Ürümqis Gericht verurteilte ihn in erster Instanz im Oktober 2008 zum Tode. Das Urteil wurde im September 2009 bestätigt und vom Obersten Gericht Mitte Dezember gebilligt. Shaikh hatte in einer konfusen 50-minütigen Verteidigungsrede dem Gericht gesagt, dass er vom Inhalt des Koffers nichts gewusst hatte. Er sei, ohne seine Familie zu informieren, nach Polen gefahren, um dort eine neue Berufskarriere als Sänger zu starten und seine Heilsbotschaften zu verkünden. Vermeintliche Unterstützer seiner Pläne brachten ihn über Zentralasien nach Tadschikistan und schickten ihn auf den Weg nach China. Dort hätte er mit ihrer Hilfe seine neue Berufskarriere als Popsänger starten sollen. Die Gefangeneninitiative Reprieve ist sicher, dass er in die Hände krimineller Banden gefallen sei, die ihn als Drogenkurier missbrauchten. Nach Angaben der Organisation belegten ärztliche Diagnosen, dass der Vater dreier Kinder seit Langem an einer manisch-depressiven Nervenkrankheit leide und nicht verstand, in was er da verwickelt wurde.

Chinas Justiz erlaubt die Abwendung eines Todesurteils nur, wenn der Täter psychisch krank ist oder bei der Tat unzurechnungsfähig war. Einen Befund aber dürfen nur von den Gerichten beauftragte Ärzte treffen. Ausländische Experten und Gutachten würden nicht anerkannt, sagte der Experte für Menschenrechtsfragen Liu Nanlai.