Umweltminister Röttgen beklagt Blockade Chinas und der USA. Papst ruft zu Kehrtwende auf. Wieder Randale.

Hamburg. Mit dem Auftakt der Ministerrunde und der Ankunft der ersten Staats- und Regierungschefs geht der Uno-Klimagipfel in Kopenhagen in den Endspurt. "Es ist sehr klar, dass die Minister die nächsten 48 Stunden hart arbeiten müssen, um ein Ergebnis zu erreichen", sagte die dänische Umweltministerin Connie Hedegaard, die als Gastgeberin die Verhandlungen leitet. Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte in Berlin Besorgnis über die stockenden Verhandlungen.

Merkel warnte, für die notwendige verbindliche Einigung über Klimaziele werde die Zeit in Kopenhagen allmählich knapp. "Ich will nicht verhehlen, dass ich schon etwas nervös bin, ob wir das alles schaffen", sagte Merkel nach einem Treffen mit Indonesiens Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono in Berlin. Alle Teilnehmer seien aufgerufen, konstruktiv dazu beizutragen, dass Kopenhagen ein Erfolg werde. Die deutsche Delegation tue dies, sagte Merkel, die gestern telefonisch mit Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy, dem britischen Premier Gordon Brown und US-Präsident Barack Obama über mögliche Klimavereinbarungen beriet. Sie wird morgen in Kopenhagen erwartet.

"Wir haben nicht mehr viel Zeit, bis die Stunde der Wahrheit schlägt", mahnte auch Bundesumweltminister Norbert Röttgen, Kovorsitzender einer Arbeitsgruppe über die Klimaziele der Industrieländer. Die größte Schwierigkeit sei, dass die USA und China keine Zusagen machten, sondern sich einen maximalen Verhandlungsspielraum erhalten wollten.

Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon rief die Vertreter der armen und reichen Staaten auf, ihre gegenseitigen Schuldzuweisungen zu beenden. "Jetzt ist die Zeit, nicht länger mit dem Finger aufeinander zu zeigen", sagte er. Stattdessen sollten die Staaten ihre Klimaziele hochschrauben, um die stockenden Verhandlungen zu retten. Bis Freitag wollen sich die Vertreter aus 192 Staaten auf ein Abkommen gegen die Erderwärmung einigen.

Gestern Morgen hatte China den reichen Staaten abermals vorgeworfen, sie wollten sich von den im Kyoto-Protokoll eingegangenen Verpflichtungen befreien. Dies hatte einen zeitweisen Konferenzboykott afrikanischer Staaten ausgelöst. Aus der deutschen Delegation verlautete inzwischen, Vermittlungsgespräche, in die auch Röttgen eingeschaltet sei, entwickelten sich konstruktiv.

Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger (62), wegen seiner engagierten Klimapolitik nach Kopenhagen eingeladen, bezeichnete den Gipfel schon vor dem Abschluss als Erfolg, "Kopenhagen gibt uns die Chance, die Welt wieder mit anderen Augen zu sehen", sagte er in einer Rede vor den Dele-gierten.

Unmittelbar vor der entscheidenden Runde der Konferenz rief Papst Benedikt XVI. die Menschen zur radikalen ökologischen Kehrtwende auf. Es sei eine Pflicht des Menschen, Natur und Umwelt zu schützen, erklärte der Papst zum Weltfriedenstag.

Vor den Eingängen zum Verhandlungsgebäude der Konferenz kam es unterdessen zu chaotischen Szenen. Die Organisatoren waren dem Besucheransturm nicht gewachsen, sogar Diplomaten mussten Wartezeiten von acht Stunden bis zum Einlass in Kauf nehmen. In der Nacht war es in Kopenhagen zu neuen schweren Ausschreitungen gekommen. Die Polizei nahm mehr als 200 Menschen fest. Randalierer hatten nahe der alternativen Wohnsiedlung Christiana brennende Barrikaden errichtet und griffen die Polizei mit Molotowcocktails an. Die Beamten setzten nach eigenen Angaben Tränengas bei den Zusammenstößen ein. Bereits am Wochenende waren 1200 Menschen vorübergehend festgenommen worden.