Die israelischen Beratungen über einen Gefangenenaustausch im Nahen Osten sind in der Nacht zum Dienstag offenbar ohne eine Abstimmung zu Ende gegangen.

Jerusalem. Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu teilte nach mehrstündigen Gesprächen des inneren Kabinettskreises lediglich mit, die Beratungen seien abgeschlossen. Man habe den israelischen Vermittler Chagai Hadas angewiesen, die Bemühungen um eine Freilassung des vor dreieinhalb Jahren von militanten Palästinensern entführten Soldaten Gilad Schalit fortzusetzen, hieß es.

Die radikale Hamas fordert für Schalits Freiheit die Freilassung von etwa 1000 palästinensischen Häftlingen. Israelische Medien hatten zuvor berichtet, der deutsche Vermittler werde nach den Beratungen eine israelische Antwort an die radikal- islamische Hamas weitergeben. Montagabend war mit einer möglichen endgültigen Abstimmung der sieben Minister gerechnet worden. Es war ihr viertes Treffen seit Sonntag.

Aviva Schalit, Mutter des entführten Soldaten, sagte vor Beginn der Beratungen, Netanjahu habe ihr eine Entscheidung binnen Stunden angekündigt. Auch ein Hamas-Repräsentant hatte gesagt, die nächsten Stunden seien von entscheidender Bedeutung. Vor einem Monat hatte es allerdings schon einmal ähnliche Berichte über eine unmittelbar bevorstehende Einigung gegeben.

In einem Brief an Netanjahu hatten Aviva Schalit und ihr Mann Noam am Sonntag inständig um eine Vereinbarung zur Freilassung ihres Sohns gebeten. In dem Brief war die Rede von einem entscheidenden Moment in den seit einem halben Jahr andauernden Verhandlungen unter deutscher Vermittlung. „Dies ist ein Schicksalstag für Gilad“, sagte seine Mutter dem israelischen Rundfunk am Montag. „Es ist für ihn entweder ein Todesurteil oder eine Rückkehr ins Leben.“

Dutzende von Demonstranten hatten sich am Montagmorgen vor Netanjahus Amtssitz versammelt und die Befreiung Schalits gefordert. Ein Hamas-Repräsentant sagte am Montag, man warte darauf, dass der deutsche Vermittler die israelische Reaktion auf den jüngsten Hamas- Vorschlag überbringe. Hamas sei „bereit zur Flexibilität“ in den Verhandlungen mit dem deutschen Vermittler, bestehe jedoch gleichzeitig auf ihren Forderungen, um einen „ehrenwerten“ Kompromiss zu finden, sagte der Repräsentant, der namentlich nicht genannt werden wollte.

Militante Palästinenser unter Hamas-Kommando hatten Schalit am 25. Juni 2006 in den Gazastreifen verschleppt. Israelische Medien berichteten am Montag, Netanjahu sei gegen die Entlassung einiger Häftlinge, die an Anschlägen auf Israelis beteiligt waren, ins Westjordanland. Er wolle sie stattdessen in den Gazastreifen oder in Drittländer verbannen.