Dänemarks Energieministerin hofft, dass Obama bei einem Kyoto-Nachfolgeabkommen die Führerschaft übernimmt.

Kopenhagen. Connie Hedegaard bevorzugt den schnellen Schritt. 14 Journalisten aus Japan warten im 3. Stock der gewaltigen Christiansburg - früher Königsschloss, heute Sitz des dänischen Parlaments in Kopenhagen - auf die dänische Klimaministerin, die gestern von ihrem Land für die EU-Kommission nach Brüssel nominiert worden ist. Es ist zwei Minuten vor drei, Connie Hedegaard kommt aus ihrem Büro, geht schnurstracks auf die Mediengruppe zu, schüttelt kräftig Hände und sorgt dann mit zwei knappen Sätzen dafür, dass der noch besetzte Konferenzraum sich auch wirklich pünktlich leert. Zackzack, und schon kann das 30-minütige Frage- und Antwortspiel über die Reduktion von Treibhausgasen und den vermehrten Einsatz von regenerativen Energien losgehen.

Zeit ist das, wovon die 49-Jährige in diesen Monaten gerne mehr hätte. Die Tage laufen ihr regelrecht davon, seit sie ihren ersten Chef, Dänemarks Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen davon überzeugt hat, die Uno-Klimakonferenz nach Kopenhagen zu holen. Im Jahr 2005 war das, als Dänemark nach dem Streit über die Mohammed-Karikaturen weltweit um neues Ansehen kämpfte. Und als Connie Hedegaard beschloss, die Welt zu retten. Und zwar in Kopenhagen. Hier also treffen sich in elf Tagen Vertreter aus rund 190 Ländern, um ein Nachfolgeabkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll zu unterzeichnen. Experten sprechen von der "wichtigsten Konferenz der Menschheit", und bei Connie Hedegaard laufen alle Fäden zusammen.

Die Pfadfinderin hat früh beschlossen, die Initiative zu übernehmen. Aus Protest gegen die marxistische Dominanz an der Uni landete sie bei den Konservativen. Mit 23 Jahren war sie jüngste Parlamentarierin, mit 28 Fraktionssprecherin. Nach einem Rechtsruck in der Ausländerpolitik kehrte sie ihrer Partei mit 30 den Rücken und arbeitete als Journalistin. 14 Jahre später die überraschende Rückkehr. Connie Hedegaard machte mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen Urlaub in ihrem Ferienhaus in Schweden, als Rasmussen ihr das Umweltressort anbot. Sie erbat sich eine halbe Stunde Bedenkzeit, sagte nach zehn Minuten Ja und hielt nachmittags im Königsschloss die Ernennungsurkunde in den Händen.

Die Medien reagierten mit Begeisterung. Dies sei "der größte Tag in der dänischen Politik", schrieben die Zeitungen. Connie Hedegaard sei "mit ihrem Charme, ihrer Eleganz und Intelligenz, ihrem politischen Flair und dem Glänzen in ihren Augen in aller Herzen", man "muss sie klonen". Selbst die sonst eher nüchterne "Berlingske Tidende" schrieb von einer "Feststimmung wie nach der Rückkehr von Odysseus zu Penelope".

Andere zeichnen das Bild einer resoluten Frau, die konsequent ihre Ziele durchsetzt. "Sie kann zur Furie werden, wenn Kollegen zaudern oder der Finanzkrise Vorrang vor dem Klimakampf geben", schrieb die "Frankfurter Rundschau". Hedegaard selbst bekräftigt trotzig ihr Motto: "Wir dürfen nicht als Heuschreckengeneration, die alles auffraß, in die Geschichte eingehen."

Und diktiert dann den Journalisten ihren Vier-Punkte-Plan für die Konferenz in die Blöcke. "Es geht zum einen um Reduktion, also darum, dass wir konkrete Vorgaben über den zukünftigen Ausstoß von Klimagasen machen und darüber, was die verschiedenen Regionen dazu beitragen. Dann geht es um die Anpassung der besonders betroffenen Länder an den Klimawandel. Wir müssen drittens den Transfer von Technologie vereinbaren, damit Entwicklungsländer Zugriff auf energiesparende Technik bekommen. Und wir müssen eine verbindliche Finanzierung hinbekommen." Dabei gebe es aber ein großes Problem: "Sehen Sie, alle Punkte - Reduktion, Anpassung, Technologie-Transfer und Finanzierung -- hängen miteinander zusammen. Es nützt deshalb nichts, nur an einem oder zwei Strängen zu ziehen und die anderen außer Acht zu lassen."

Und obwohl sich abzeichnet, dass jede Nation Angst hat, in Kopenhagen den ersten Schritt zu machen und in - milliardenschwere - Vorleistungen zu treten, glaubt Connie Hedegaard fest an einen Erfolg. Ihre Hoffnung ruht dabei auch noch auf Barack Obama: "Am Ende liegt es an der amerikanischen Delegation. Der US-Präsident hat sehr früh gesagt, er übernimmt die Führerschaft. Und ich denke, die Welt erwartet, dass Amerika das auch tut."

Dazu ist natürlich ein Umdenken nötig, in Dänemark habe das schließlich ja auch funktioniert. Und sich die Einsicht durchgesetzt, dass Investitionen in ein besseres Klima sogar Tausende von Arbeitsplätzen schaffen und damit die Wirtschaft ankurbeln. Die Vision unseres nördlichen Nachbarn ist deshalb auch nur auf den ersten Blick eine kühne: die hundertprozentige Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Die Dänen setzen auf Biosprit sowie auf Strom aus Windrädern, mit dem zukünftig auch zunehmend Elektroautos über die Straßen rollen sollen. "Dänemark hat sich vorgenommen, dass energieeffizienteste Land Europas zu werden", sagt Hedegaard. "Ja, dafür erheben wir auch Steuern." Sie hat ausgerechnet, dass es pro Familie etwa 20 Euro pro Jahr gekostet hat, den Anteil der erneuerbaren Energien von elf Prozent im Jahre 2001 auf heute 17 Prozent zu bringen. "2011 wollen wir bei 20 Prozent liegen, 2020 bei 30 Prozent."

Sind die dänischen Bürger denn glücklich über die zusätzliche steuerliche Belastung, will ein japanischer Journalist am Ende wissen? Connie Hedegaard lacht und zitiert flugs eine jüngste Umfrage: "Wissen Sie was? Die Dänen sind die glücklichsten Menschen auf der Welt."