Nach dem Besuch in Yad Vashem stehen Gespräche mit der israelischen und palästinensischen Führung zum Nahost-Friedenspolitik an.

Hamburg/Jerusalem. Guido Westerwelle wusste natürlich um die doppelte Hypothek, die auf seinem Besuch in Israel lastet. Nicht nur die deutsche Holocaust-Schuld, sondern auch die unselige Affäre um antisemitische Äußerungen seines damaligen Partei-Vizes Jürgen Möllemann im Jahre 2002. Eine Reise nach Israel sei eben "eine ganz besondere Sache".

Als könne der neue Außenminister gar nicht schnell genug unter Beweis stellen, wie ernst es ihm mit dem Bekenntnis zu Israel ist, fuhr Westerwelle gestern Abend nach einem ersten Gespräch mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zur Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Vor sieben Jahren hatte der FDP-Chef dort den Satz "Geschichte endet nicht mit einer neuen Generation" ins Gästebuch geschrieben.

Yad Vashem ist die offizielle Holocaust-Gedenkstätte des Staates Israel. Yad Vashem - hebräisch für Denkmal und Name - wurde auf Beschluss der Knesset, des israelischen Parlaments, 1953 in Jerusalem gegründet. Mehr als zwei Millionen Menschen besuchen die Gedenkstätte jedes Jahr. Yad Vashem dokumentiert in neun unterirdisch angelegten Galerien die Geschichte des Judenmordes durch das NS-Regime. In der "Halle der Erinnerungen" sind die Namen der 22 größten NS-Konzentrations- und Vernichtungslager eingraviert, unter einer Steinplatte ruht Asche aus KZs. Die "Allee der Gerechten" ist gesäumt von Bäumen, die zu Ehren von Menschen gepflanzt wurden, die Juden gerettet hatten. Wie Oscar Schindler (Schindlers Liste). Am bewegendsten ist das Denkmal für die 1,5 Millionen ermordeten Kinder.

In Israel verfolgt man die zweitägige Nahost-Reise des neuen deutschen Chef-Außenpolitikers sehr genau. Gespräche auch mit Staatspräsident Schimon Peres, Außenminister Avigdor Lieberman in Jerusalem sowie mit dem palästinensischen Premier Salam Fajad in Ramallah stehen auf dem dicht gedrängten Programm. Begleitet wird der FDP-Chef von der Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch.

Vor der Abreise hatte Westerwelle ein Einfrieren des israelischen Siedlungsbaus in den Palästinensergebieten gefordert. Und dazu sehr deutlich formuliert: "Das ist nicht nur die Haltung der deutschen Bundesregierung, das ist die Haltung der gesamten Völkergemeinschaft." Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sekundierte, der geplante Bau weiterer israelischer Häuser im Osten Jerusalems sei ein "Stolperstein" für den Friedensprozess und konterkariere aus Sicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel die Bemühungen um eine Zwei-Staaten-Lösung. In Ost-Jerusalem, das die Palästinenser als Hauptstadt ihres Staates fordern, sollen 900 neue Wohneinheiten errichtet werden. Westerwelle verwies auf die "Road Map", den international vereinbarten Fahrplan zum Frieden, der ein Einfrieren der israelischen Siedlungsaktivitäten vorsehe.

Guido Westerwelle betonte, die Bundesregierung sei nach wie vor für eine Zwei-Staaten-Lösung. Zum Friedensprozess gehöre ein lebensfähiger palästinensischer Staat, aber auch, dass Israel in Frieden leben könne. Er fügte hinzu: "Wir haben als Deutsche eine ganz besondere Verantwortung gegenüber Israel." Westerwelle betonte, dass sich Schwarz-Gelb zu dieser besonderen Verantwortung im Koalitionsvertrag bekenne.

Dazu gehört auch das Krisenthema Iran, das Westerwelle mit der israelischen Führung besprechen wird. "Wir sind eindeutig klar in der Frage, dass die Option einer nuklearen Bewaffnung des Iran für die Völkergemeinschaft in keiner Weise akzeptabel ist - und das wissen auch alle Beteiligten", sagte der Bundesaußenminister.

In der kommenden Woche finden in Berlin die zweiten deutsch-israelischen Regierungskoalitionen statt. Westerwelles Besuch in Jerusalem dient auch der Vorbereitung dieses Treffens. Die erste Kabinettssitzung dieser Art hatte es im März 2008 gegeben.