Zwei hohe Amtsträger der verfeindeten Staaten nahmen an einer zunächst geheimen Tagung über nukleare Abrüstung in Kairo teil.

Hamburg/Jerusalem. Es kommt derzeit nicht eben häufig vor, dass ein hochrangiger israelischer Amtsträger einen ebenfalls hochrangigen iranischen Diplomaten offen anlächelt. Die zwischen beiden Staaten schwelende, brandgefährliche Atomkrise bietet recht wenig Anlass dazu. Im ägyptischen Kairo kam es jetzt dennoch dazu - aber das Lächeln war nicht herzlich, sondern das einer Sphinx. "Haben Sie nun Atomwaffen oder nicht?", ging Ali Asghar Soltanieh, Irans Botschafter bei der Internationalen Atomenergiekommission (IAEA), die Israelin Meirav Zafary-Odiz frontal an. Und die Direktorin für Politik und Waffenkontrolle bei Israels Atomenergiekommission schenkte ihm schweigend ihr Lächeln. Die rhetorische Frage - Israels Atomwaffenarsenal gilt als gesicherte Tatsache - blieb also unbeantwortet. Aber die Bedeutung des Vorgangs liegt darin, dass sich zwei hohe Amtsträger Israels und des Iran überhaupt getroffen haben - zum ersten Mal seit der Islamischen Revolution im Iran 1979.

Zwar dementierte der Sprecher der iranischen Atombehörde noch brav entsprechende Berichte der israelischen Zeitung "Haaretz" , sprach von "reinen Lügen" und erklärte, ein solches Treffen in Kairo habe es nie gegeben. Es handle sich bei dem "Haaretz"-Bericht um "psychologische Kriegsführung". Doch da hatten Israel und Ägypten das Treffen längst bestätigt. Die Sprecherin der israelischen Atombehörde, Jael Doron, betonte aber, beide hätten zwar in Kairo gesprochen, aber nicht direkt miteinander. Die Erklärung war notwendig geworden, nachdem das australische Blatt "The Age" die Geheimkonferenz enthüllt hatte. Und geheim hatte sie sein sollen, um allen Teilnehmern zu ermöglichen, ganz offen miteinander zu reden.

Wie "Haaretz" schrieb, fand das Treffen bereits am 29. und 30. September im Hotel Four Seasons in der ägyptischen Hauptstadt statt. Neben Vertretern Israels und Irans waren Repräsentanten der Arabischen Liga und Saudi-Arabiens, Jordaniens, Ägyptens, Tunesiens, der Türkei, Marokkos, der Vereinigten Arabischen Emirate sowie Europas und der USA dabei.

Den Rahmen der Konferenz stellte die Internationale Kommission für atomare Nichtverbreitung und Abrüstung (ICNND), die Schirmherrschaft hatte der australische Premier Kevin Rudd. Diskutiert wurde die Möglichkeit einer atomwaffenfreien Zone im Nahen Osten.

Die arabischen Staaten sind wegen des iranischen Atomprogramms mindestens ebenso alarmiert wie die Israelis. Die zumeist sunnitischen Araber sind den zumeist schiitischen Iranern in traditioneller Rivalität verbunden und fürchten, ein atomar bewaffneter Iran würde unaufhaltsam zur Vormacht in der gesamten Region aufsteigen. Es gibt bereits ernst zu nehmende Spekulationen über eine vorstellbare arabisch-israelische Achse gegen den Iran. Wie durchsickerte, erklärte Zafary-Odiz, Israel sei durchaus bereit, über einen atomwaffenfreien Nahen Osten zu diskutieren. Allerdings sei Israel sicherheitspolitisch in einer besonderen Lage, und daher müsse zunächst ein umfassendes Friedensabkommen unterzeichnet werden, bevor man über Atomwaffen rede. Die Israelin wies zudem darauf hin, dass mit dem Iran, Libyen, Syrien und dem Irak innerhalb der vergangenen drei Jahrzehnte vier Staaten den Nichtverbreitungs-Vertrag gebrochen hätten.

Soltanieh sagte dem Vernehmen nach in Kairo, sein Land strebe nicht nach Atomwaffen und gefährde auch Israel nicht. Der Iran hasse keine Juden, aber lehne den Zionismus ab. Und sein wachsendes Arsenal an Raketen diene allein der Verteidigung.