Wegen zahlreicher Betrugsvorwürfe müssen die Stimmen in rund zehn Prozent der Wahllokale neu ausgezählt werden.

Kabul/Brüssel. Die Wiederholung der Auszählung betreffe etwas mehr als 2500 von 26.300 Wahllokalen, sagte Grant Kippen, Sprecher der Uno-unterstützten Wahlbeschwerdekommission gestern in Kabul. Nach dem bisherigen Stand der Auszählung kommt der amtierende Präsident Hamid Karsai auf 54 Prozent. Sollte die Neuauszählung ergeben, dass er weniger als die Hälfte der Stimmen erhalten hat, so müsste Karsai in einer Stichwahl gegen seinen stärksten Herausforderer Abdullah Abdullah antreten. Von der Neuauszählung betroffen sind alle Wahllokale, in denen die Beteiligung bei 100 Prozent lag oder in denen ein Kandidat mehr als 95 Prozent der gültigen Stimmen erhielt. Sie liegen vor allem im Süden Afghanistans, wo Karsai seine Basis hat.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich besorgt über die Betrugsvorwürfe. Beim EU-Außenministertreffen in Brüssel forderte er rasche Aufklärung: "Es muss das Interesse des afghanischen Staates sein, dass der neu gewählte Präsident Akzeptanz findet in ganz Afghanistan. Deshalb muss den Vorwürfen nachgegangen werden, und das so schnell wie möglich." Der schwedische Außenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Carl Bildt äußerte sich ähnlich. Auch der französische Außenminister Bernard Kouchner sagte, nötig seien möglichst glaubwürdige Ergebnisse, damit der neuen Regierung mit Vertrauen begegnet werde.