Berlin. In der Debatte um den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan hat die Bundesregierung neue Forderungen nach einem schnellen Abzug zurückgewiesen. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm warnte davor, die bereits erreichten Fortschritte beim Wiederaufbau dürften nicht durch einen verfrühten Rückzug gefährdet werden. Die deutschen Soldaten müssten sicherlich noch "fünf bis zehn Jahre" in dem Land bleiben, sagte Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) der "Bild"-Zeitung. Ziel des Einsatzes am Hindukusch sei es, Afghanistan in die Lage zu versetzen, selbst für seine Sicherheit zu sorgen. Jung wies eine entsprechende Kritik seines Amtsvorgängers Volker Rühe (CDU) scharf zurück.

Rühe hatte den internationalen Militäreinsatz in Afghanistan als "Desaster" bezeichnet. "Wir sollten uns dort in den kommenden zwei Jahren mit voller Kraft engagieren und dann den Abzug einleiten", sagte er dem "Spiegel". Der frühere Verteidigungsminister sprach sich zudem dafür aus, die Zukunft des Bundeswehreinsatzes am Hindukusch zum Wahlkampfthema zu machen.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), hält es für riskant, über den Abzug der Bundeswehr zu diskutieren. "Die Diskussion ist gefährlich. Wenn die Taliban merken, dass in Deutschland eine große Debatte losgetreten wird, werden sie noch mehr Anschläge auf die Bundeswehr verüben", sagte Polenz der "Bild"-Zeitung.

Der frühere Uno-Sonderbeauftragte für Afghanistan, Tom Koenigs, forderte eine Korrektur der Afghanistanstrategie. Der "Berliner Zeitung" sagte er, der Krieg sei unter dem "klassischen Gesichtspunkt geführt worden, den Gegner zu vernichten, nicht aber, mit allen Mitteln die Zivilbevölkerung zu schützen". Koenigs sprach sich für einen stärkeren zivilen Einsatz aus.