Die Wirtschaftskrise stürzt nach Einschätzung von Amnesty International weltweit bis zu 90 Millionen Menschen in Armut und verschlechtert die Menschenrechtslage weiter.

Berlin - In seinem gestern vorgelegten Jahresbericht 2009 richtet die Organisation schwere Vorwürfe an die "Krisenretter", die 20 führenden Industrieländer (G20): Sie seien überdurchschnittlich für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich. Deutschland wird beschuldigt, im Antiterrorkampf das Folterverbot zu untergraben.

Die weltweite Rezession lasse nicht nur viele Menschen verarmen. Sie verschärfe auch Repression und führe zu Unruhen und politischer Gewalt. Dies werde vor allem in Afrika, dem ärmsten Kontinent der Welt, befürchtet, heißt es in dem Bericht zur Lage in 157 Staaten.

Die Aufmerksamkeit der Welt sei auf den Kollaps der Titanen des Weltfinanzsystems gerichtet, aber die Menschen am Ende der ökonomischen Pyramide litten am meisten. Die Konzentration auf die Rettung des Finanzsystems überlagere die Diskussionen über Ungleichheit, Unsicherheit und Unterdrückung.

Besonderes Augenmerk legte Amnesty in seinem Bericht auf die G20, die auf internationalen Konferenzen ihr Krisenmanagement koordiniert haben. Ihr gehören neben den G8-Staaten Schwellenländer in Asien und Südamerika sowie Südafrika an. 78 Prozent aller Hinrichtungen weltweit geschähen in diesen Staaten. In neun Ländern zählte Amnesty ungesetzliche Hinrichtungen und Tötungen durch den Staat, in 15 Ländern werde gefoltert und misshandelt.

Erhebliche Menschenrechtsverletzungen registrierte Amnesty auch in den 26 Ländern der EU. Zahlreiche Fälle sexueller Diskriminierung seien in Bulgarien, Tschechien, Griechenland, Ungarn, Lettland und Litauen dokumentiert. Einschränkungen gegenüber Roma gebe es in Italien, Tschechien und Ungarn, die "zuweilen Züge einer Apartheid" annähmen.