Erster Einsatz gegen Seeräuber geglückt. Stimmung an Bord der “Karlsruhe“ sehr gut. Weitere Hilfe aus China kommt. Bilder zum Artikel

Berlin. Ein Hilferuf des ägyptischen Frachters "Wabi al-Arab" löst am Donnerstag um 08.45 Uhr Mitteleuropäischer Zeit den ersten Einsatz des deutschen Schiffs im Rahmen der europäischen Anti-Piraten-Mission "Atalanta" aus.

Innerhalb weniger Minuten steigt ein Hubschrauber "Sea Lynx" vom Deck der "Karlsruhe" auf. Von der anderen deutschen Fregatte in dem riesigen Seegebiet, der zur Anti-Terror-Mission OEF gehörenden "Mecklenburg-Vorpommern", startet ein weiterer "Sea Lynx" mit Ärzteteam. Auftrag der Helikopter-Besatzungen: die Seeräuber vor der Küste des Jemen abschrecken und verjagen, vor allem: Leben retten. Genau dies geschieht. Die Einschätzung von Verteidigungsminister Franz Josef Jung, der zufolge beim Marine-Einsatz am Horn von Afrika mit Kampfsituationen zu rechnen sei, hat sich damit bestätigt.

Als der Bordhubschrauber der "Karlsruhe" am Ort des Überfalls eintrifft, brechen die mit Schnellfeuergewehren russischer Bauart bewaffneten Piraten ihren Angriff auf die "Wabi al-Arab" ab. Die deutschen Soldaten stellen fest, dass es eine heftige Schießerei gegeben hat. Der zweite Helikopter eilt potenziellen Opfern zur Hilfe. Er nimmt einen Schwerverletzten auf, der notversorgt und im Laufe des Ersten Weihnachtstages im Lazarett der "Karlsruhe" außer Lebensgefahr gebracht wird.

Nach dem ebenso prompten wie erfolgreichen Auftakt des Anti-Piraten-Einsatzes steht fest: "Die Jungs wissen, warum sie hier sind" - so brachte es am Freitag der in Dschibuti stationierte Korvettenkapitän Christoph Kohlmorgen im Gespräch mit dem Abendblatt auf den Punkt. Für die Kameraden sei der frühe erste Einsatz allerdings nicht so überraschend gekommen wie möglicherweise für die deutsche Öffentlichkeit. Dem zuvor ausgegebenen Befehl "Frohe Weihnacht" habe "ohne Einschränkung" Folge geleistet werden können: "In der Heiligen Nacht ist ja alles ruhig geblieben." Und die Stimmung an Bord der "Karlsruhe" sei sehr gut und der durch eine Schusswunde am Bein verletzte Seemann des ägyptischen Schiffs erfolgreich operiert worden.

Für insgesamt 6800 Bundeswehr-Soldaten hatte das Fest 2008 nur wenig Gemütlichkeit zu bieten. Sie mussten die Feiertage im Dienst fern der Heimat verbringen - in Afghanistan, im Kosovo, im Libanon. Und eben am Horn von Afrika. Der Ernst der Lage vor Afrikas Ostküste wurde nun schneller deutlich als erwartet. Aber die Bilanz ist erfreulich: Feuertaufe bestanden.

Die EU-Mission "Atalanta" zum Kampf gegen Piraten am Horn von Afrika ist der erste europäische Flotteneinsatz dieser Art. Er löste den ständigen maritimen Nato-Verband ab, der vorher im Seegebiet vor der somalischen Küste Handelsschiffe schützte. Vom Hauptquartier in Northwood (Großbritannien) aus leitet der britische Konteradmiral Philip Jones die Mission. Die Operationsleitung im Einsatzgebiet übernahm für die ersten vier Monate Griechenland, gefolgt von Spanien und danach den Niederlanden für ebenfalls je vier Monate.

Als Einsatzraum wird das Seegebiet von Somalia und seiner Nachbarstaaten 500 Seemeilen ins offene Meer hinaus beschrieben. Streitkräfte stellen neben Deutschland die Länder Belgien, Frankreich, Griechenland, Niederlande, Schweden, Spanien und Großbritannien.

Weitere Hilfe rückt aus China an: Am Freitag sind drei Schiffe der chinesischen Marine in das Seegebiet vor Somalia aufgebrochen, um sich am Kampf gegen die Piraten zu beteiligen. Vor dem Auslaufen der drei chinesischen Schiffe sagte der Chef der Marine, Wu Shengli, laut Xinhua vor Soldaten im Hafen von Hainan: "Dies ist das erste Mal, dass wir ins Ausland gehen, um unsere strategischen Interessen mit militärischem Druck zu verteidigen." Der Einsatz der rund 800 Soldaten vor der somalischen Küste soll mindestens drei Monate dauern und dient dem Schutz chinesischer Handelsschiffe sowie von Hilfstransporten des Welternährungsprogramms. Die Seeräuber haben in diesem Jahr mehr als 40 Schiffe gekapert, Hunderte Geiseln genommen und und schätzungsweise 30 Millionen Dollar Lösegeld erpresst.

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