Die Londoner “Times“ konnte dem Wortspiel nicht widerstehen: Der Eisinsel drohe die (ökonomische) Schmelze. Die Insel von der Größe Kubas direkt auf...

Hamburg/London/Reykjavik. Die Londoner "Times" konnte dem Wortspiel nicht widerstehen: Der Eisinsel drohe die (ökonomische) Schmelze. Die Insel von der Größe Kubas direkt auf der Bruchlinie zwischen der europäischen und amerikanischen Kontinentalplatte steht am Rande eines Staatsbankrotts.

Island liefert geradezu einen Modellfall der globalen Finanzkrise. Seine führenden Banken und Kreditinstitute wie Landsbanki, Glitnir und Kaupthing hatten in den Neunzigerjahren eine aggressiv expansive Kreditpolitik betrieben. Die Insel im Nordatlantik mit ihren 320 000 Einwohnern wurde plötzlich zum internationalen Finanzplatz. Investoren ließen sich von hohen Renditen anlocken. Noch im vergangenen Jahr führte Island die Uno-Rangliste jener Staaten an, in denen es sich am besten leben lässt. Innerhalb von nur fünf Jahren stieg das Vermögen des Durchschnittsbürgers um 45 Prozent. Islands Banken finanzierten gewaltige Käufe im Ausland über Schulden. Die Summe übersteigt die wirtschaftliche Gesamtleistung Islands um das Vielfache.

Und die Isländer hielten es ebenso wie die Amerikaner: Sie kauften teure Immobilien auf Pump. Nun platzte die Blase. Der Wert der Landeswährung Krone ist im freien Fall, die Inflationsrate stieg auf 14,5 Prozent. Gestern zog die Regierung von Ministerpräsident Geil Haarte in Reykjavik die Notbremse, übernahm die Kontrolle über die Landsbanki und verschaffte der Nummer eins, Kaupthing, einen Kredit über 500 Millionen Euro - als Insolvenzschutz. Das Parlament stattete die Regierung mit besonderen Vollmachten aus.

Doch die Rettung erhofft sich das Land ausgerechnet von Russland. Islands Zentralbank erklärte auf ihrer Website unter Berufung auf den russischen Botschafter Viktor Tatarinzew, man werde vier Milliarden Dollar Finanzhilfe aus Moskau erhalten. Ministerpräsident Wladimir Putin habe schon zugestimmt. Im Kreml hieß es aber, darüber sei noch gar nicht entschieden. Verlegen ruderte Premier Haarde zurück: Man sei voreilig gewesen. Doch nun sollen Regierungsvertreter nach Moskau reisen.

Als Direktbank ist Kaupthing Edge seit März auch in Deutschland ansässig - aber ohne Filialnetz. Der Firmensitz in Frankfurt ist telefonisch nur über die Zentrale in Island erreichbar. Für den Privatkunden bietet sich nur online oder Hotline. Eine Kontoeröffnung ist nur auf der Homepage möglich. Der Kunde erhält 5,65 Prozent Zinssatz aufs Tagesgeld. Für einen Anlagezeitraum von zwölf Monaten (Festgeldkonto) bietet die Bank einen Zinssatz von 6,1 Prozent, bei sechs Monaten 5,9 Prozent. Mit diesen Angeboten steht die Bank in der Spitzengruppe der Zinsanbieter. Auch jetzt noch macht die Bank in Optimismus: "Das Festgeldangebot mit einem Zinssatz von 6,1 Prozent wird gut angenommen und hat sehr positiven Zuspruch", sagte Magnus Eger, Marketingleiter der Kaupthing-Bank in Deutschland, gestern dem Abendblatt. Doch die Hotline ist 24 Stunden besetzt. Gestern war von 15 bis 17 Uhr nur der Besetztton zu hören. Der Gesprächsbedarf der Kunden scheint groß zu sein.