Auf den ersten Blick geht es um eine karge und dünn besiedelte Hochgebirgsregion am Rande Europas. Nichts, worum es sich lohnen würde, blutige...

Auf den ersten Blick geht es um eine karge und dünn besiedelte Hochgebirgsregion am Rande Europas. Nichts, worum es sich lohnen würde, blutige Kriege zu führen. Es sei denn, das kleine Gebiet gehört zu einem Nachbarland, dessen Unabhängigkeit man von Anbeginn beargwöhnte, und dessen Streben gen Westen als Bedrohung der eigenen Sicherheit betrachtet wird. Und genau so sieht es Moskau, das nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und mit der Unabhängigkeit der transkaukasischen Republiken seinen strategischen Zugang in den mittleren Osten verlor. Und für den Kreml noch schlimmer: Seit die Pipeline vom aserbaidschanischen Baku via Georgien ins türkische Ceyhan fertiggestellt ist, fließt erstmals Öl jenseits russischer Kontrolle aus dem Kaspischen Becken auf den Weltmarkt. Das ist der Stoff für ganz große Konflikte. Seit Beginn der 90er-Jahre hat Moskau Abchasen und Südosseten gegen die Regierung in Tiflis aufgestachelt und unterstützt, um Georgien gefügig zu machen und wieder stärker unter seine Kontrolle zu bringen. Georgien wiederum strebt nicht nur Richtung Nato, sondern revanchierte sich und überließ tschetschenischen Rebellen das Pankisi-Tal als Ruheraum, um sie später gegen Abchasien einzusetzen.

Alle beteiligten Seiten haben seit 18 Jahren jede Gelegenheit genutzt, sich mit Tricks und Gewalt gegenseitig zu schaden. Nur eines haben sie nicht zustande gebracht: eine vernünftige Verhandlungslösung. Und so werden sich weitere Flüchtlingsströme im Kaukasus auf den Weg machen und Menschen sterben. Mit Appellen allein werden auch der Westen und die Weltgemeinschaft der Gewalt keinen Einhalt gebieten können. Da bedarf es schon gehörigen diplomatischen Drucks und solider Verhandlungsangebote, um die Konfliktparteien wieder gesprächsbereit zu machen.