Ein Großaufgebot der indischen Polizei hat in Neu-Delhi tibetische Demonstranten auf Abstand zum olympischen Fackellauf gehalten. Insgesamt waren 15 000 Beamte im Einsatz. Der Fackellauf fand nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Umgeben von chinesischen Sicherheitskräften in blau-weißen Sportanzügen, Polizisten und Soldaten mit Schnellfeuergewehren trugen etwa 70 Läufer das Feuer auf einer Strecke, die aus Sicherheitsgründen von neun auf drei Kilometer verkürzt worden war. Die Fackel trugen nicht nur Sportler, sondern auch Bollywood-Schauspieler durch ein Stadtviertel im Zentrum Neu-Delhis, das normalerweise mit Passanten und hupenden Autos verstopft ist.

Außerhalb der Sicherheitszone nahm die Polizei 276 Menschen fest, die gegen die chinesische Vorherrschaft in Tibet demonstrierten. Indien ist Heimat der weltweit größten Gemeinde von Exil-Tibetern. Auch das geistliche Oberhaupt der Tibeter, der Dalai Lama, lebt in Indien.

Gestern früh starteten Exil-Tibeter einen eigenen Fackellauf, der quer durch Neu-Delhi führte. Er begann an der Stelle, wo der indische Unabhängigkeitsführer Mohandas "Mahatma" Gandhi nach seinem Tod verbrannt wurde und zog Tausende Exil-Tibeter an.

Unterdessen hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) trotz der unnachgiebigen Haltung der chinesischen Führung in der Tibet-Frage für eine Fortsetzung der Diskussion mit Peking ausgesprochen. "Es ist Dialog angezeigt", sagte Merkel im ZDF. Sie bezeichnete die Forderung des Dalai Lama nach kultureller Autonomie der Region als legitim. Auf der anderen Seite unterstrich Merkel, dass Deutschland an der Ein-China-Politik festhalten wolle. Sie würde sich wünschen, dass "einfach mehr Gespräche stattfinden".