ABENDBLATT: Wasser ist ein kostbarer Rohstoff. Ist es auch ein Grund, Krieg zu führen?

MARGRET JOHANNSEN: Wasser ist ein Gut, das bisher meines Wissens nach keinen direkten Kriegsgrund geliefert hat. Aber die Frage, ob genügend sauberes Wasser zur Verfügung steht oder nicht, kann zur Verschärfung von Konflikten und sozial-ökonomischen Ungleichheiten beitragen. Diese Ungleichheiten können zu Wanderbewegungen der Menschen vom Land in die Stadt oder über Ländergrenzen hinweg führen. Im Zuge von Urbanisierung und Bevölkerungswachstum werden die Verteilungskämpfe zunehmen. Dadurch können sich Spannungen verstärken, die dann auch zu bewaffneten Konflikten führen.

ABENDBLATT: Können Sie dieses Szenario geografisch erläutern?

JOHANNSEN: Ein gutes Beispiel ist der Nahe Osten. In dieser Region fällt weniger Regen, als Menschen eigentlich benötigen, um das Minimum an Wasser zu erhalten. Wasser als strategisches Gut spielt im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern eine gewichtige Rolle. Israel sichert sich einen Großteil seines Trinkwassers in besetzten Gebieten, zum Beispiel die Jordanquellen auf den Golan-Höhen und unterirdische Wasservorkommen in der Westbank. Diese unterirdischen Ströme nutzt Israel als Trinkwasser und zur Bewässerung der landwirtschaftlichen Flächen, die Palästinenser bekommen nichts davon. Das Thema Wasser als strategisches Gut erschwert es zusätzlich, den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern zu lösen, denn beide Seiten brauchen das Wasser als Lebensmittel und ökonomische Grundlage.

ABENDBLATT: Wie soll das gehen?

JOHANNSEN: Langfristig werden sich Israel und die Palästinenser das Wasser teilen und die Nutzung effektivieren müssen. Das Thema Wasser taugt nämlich nicht nur zur Konfrontation, sondern auch zur Kooperation. Eine weitere Möglichkeit ist, sich zusätzliche Ressourcen zu verschaffen, zum Beispiel die Entsalzung von Meerwasser oder der Import von Trinkwasser. Israel hat entsprechende Vereinbarungen mit der Türkei. Aber das ist alles sehr teuer.