Nach den tagelangen Protesten wegen seiner umstrittenen Islam-Äußerungen hat Papst Benedikt XVI. gestern zu gegenseitigem Respekt der Religionen aufgerufen. Zugleich verurteilte er jede Form von Gewalt, wie es im Beileidstelegramm zum Tod einer in Somalia erschossenen Nonne hieß. Er hoffe, dass der Tod der Ordensfrau zur "Saat der Hoffnung für den Aufbau einer echten Bruderschaft zwischen den Menschen im gegenseitigen Respekt für ihre religiösen Überzeugungen" werde.

Der Papst hatte in einer Vorlesung an der Regensburger Universität einen byzantinischen Kaiser aus dem 14. Jahrhundert mit den Worten zitiert, der Prophet Mohammed habe nur Schlechtes und Inhumanes gebracht, indem er für die Verbreitung des Glaubens mit dem Schwert eingetreten sei. Benedikt bedauerte inzwischen, dass dieses Zitat von Muslimen in aller Welt als Beleidigung aufgefasst worden sei und stellte klar, dass es nicht seine eigenen Gedanken wiedergebe. Der malaysische Ministerpräsident Abdullah Ahmad Badawi akzeptierte gestern die Erklärung des Papstes. In Zukunft müsse Benedikt jedoch Bemerkungen vermeiden, die Muslime beleidigen könnten, sagte Abdullah. Bislang hatte Malaysia, das den Vorsitz der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) innehat, eine vollständige Entschuldigung und eine Rücknahme der Äußerungen Benedikts verlangt.

Versöhnlich gab sich auch Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad. "Was das Thema der Papst-Äußerungen angeht, so respektieren wird den Papst und alle, die interessiert sind an Frieden und Gerechtigkeit", sagte Ahmadinedschad. Hingegen verlangte der Mufti von Jerusalem, Mohammed Hussein, der Papst müsse sich öffentlich und persönlich bei den 1,5 Milliarden Muslimen in der Welt entschuldigen. Auch das irakische Parlament fordert eine "klare Entschuldigung" vom Pontifex. In der Türkei verlangten viele Muslime eine Entschuldigung des Papstes vor dem für Ende November geplanten Besuch. Mitglieder einer religiösen Arbeiterbewegung forderten das Justizministerium auf, den Papst andernfalls bei seiner Ankunft in der Türkei festzunehmen und wegen Beleidigung des Islams vor Gericht zu stellen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, verteidigte gestern die Islam-Äußerungen Benedikts. Gewaltanwendung werde in vielen muslimisch geprägten Ländern religiös begründet. "Dies festzustellen, bedeutet nicht, mehr als eine Milliarde Muslime unter den Generalverdacht zu stellen, mit dem Dschihadisten zu sympathisieren und Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung mit den ,Ungläubigen' und zur Ausbreitung des Islam zu akzeptieren", sagte der Kardinal laut Redemanuskript beim Jahresempfang des Kommissariats der deutschen Bischöfe.

Alle großen Religionen seien in der Geschichte der Versuchung erlegen, Gewalt im Namen des Glauben zu üben oder zu rechtfertigen. Das Schuldbekenntnis der Katholischen Kirche aus dem Jahr 2000 spreche hier eine klare Sprache. "Dies vorausgesetzt und ohne falsche Anklagen, Besserwisserei und Dünkel müssen wir unsere muslimischen Gesprächspartner dann auch damit konfrontieren, dass in der heutigen Weltsituation vorgeblich religiös motivierte und religiös legitimierte Gewalt ein Phänomen darstellt, das sich vorwiegend - wenn gleich nicht ausschließlich - am Islam festmacht", so Lehmann.