Sechs Tage nach dem Zusammenbruch der konservativen Regierung hat Island ein Übergangskabinett aus Sozialdemokraten und Links-Grünen.

Reykjavik. Sechs Tage nach dem Zusammenbruch der konservativen Regierung hat Island ein Übergangskabinett aus Sozialdemokraten und Links-Grünen. Staatspräsident Olafur Ragnar ernannte die Regierung der neuen Ministerpräsidentin Johanna Sigurdardottir, die bis zu einer vorgezogenen Neuwahl am 25. April im Amt bleiben soll.

Der bisherige Regierungschef Geir Haarde hatte vor einer Woche seinen Rücktritt erklärt und die Regierung aufgelöst, nachdem das Land mit seinen rund 320 000 Einwohnern wegen der Finanzkrise an den Rand des Staatsbankrotts geschlittert war. Haarde zog mit seinem Schritt die Konsequenzen aus anhaltenden Demonstrationen gegen seine Wirtschaftspolitik, die die Währung verfallen und die Arbeitslosigkeit ansteigen ließ.

Sigurdardottir kündigte an, als eine ihrer ersten Amtshandlungen werde sie die Führung der Zentralbank austauschen. Notenbankgouverneur David Oddsson wird von der Bevölkerung mitverantwortlich für die Finanzkrise gemacht.

Es sind turbulente Zeiten, die erstmals eine Frau an die Spitze der isländischen Regierung gespült haben. Und die 66 Jahre alte bisherige Sozialministerin Sigurdardottir hat das Zeug dazu, in dieser Funktion einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Als sie 1994 beim Versuch scheiterte, Parteichefin der Sozialdemokraten zu werden, sagte Sigurdardottir: "Meine Zeit wird kommen."

Damals war noch nicht absehbar, dass sie auf dem Höhepunkt einer beispiellosen Banken- und Wirtschaftskrise Regierungschefin werden würde. Sigurdardottir hat zwei erwachsene Kinder - doch ist sie bekennende Homosexuelle und seit 2002 mit der 54-jährigen Autorin Jonina Ledsdottir verheiratet.

Die frühere Stewardess Sigurdardottir mischt schon seit vielen Jahren in der Politik mit. 1978 wurde sie erstmals als Abgeordnete gewählt. Von 1987 bis 1994 und dann wieder seit 2007 war sie Sozialministerin. Ihr Engagement für Senioren, Behinderte, ganz allgemein für Mittellose, ist weithin bekannt und hat ihr den Spitznamen "heilige Johanna" eingetragen. Den Aufstieg zur Regierungschefin hat Sigurdardottir unter anderem der Vorsitzenden der Sozialdemokraten, Ingibjorg Solrun Gisladottir, zu verdanken, mit der sie befreundet ist.