Der Papst ist das große Problem - und die große Chance - der katholischen Kirche. Keine andere Religion hat den Stellvertreter ihres Herrgotts auf...

Der Papst ist das große Problem - und die große Chance - der katholischen Kirche. Keine andere Religion hat den Stellvertreter ihres Herrgotts auf Erden an ihrer weltlichen Spitze. Das macht den Mann mächtig, würdevoll und sorgt für ein Übermaß an Aufmerksamkeit. Eine Chance ist das in Zeiten guter Stimmung ("Wir sind Papst") - ein Problem bei einem offensichtlichen Fehlurteil. Und Papst Benedikt der XVI. hat ein Problem. Er hat den bisher schwersten Fehltritt in seiner knapp vierjährigen Amtszeit gemacht.

Denn der Papst aus Deutschland hätte den Kirchenbann über die vier rückwärts gewandten Bischöfe nie aufheben dürfen. Nicht weil zu der Anhängerschaft des 1991 gestorbenen Marcel Lefebvre der englische Bischof Williamson zählt, der den Holocaust leugnet. Dessen Entgleisungen sind so abwegig, dass niemand ernsthaft unterstellen kann, der Papst hege Sympathien für den historischen Unsinn.

Nein, der große Fehler des Papstes liegt darin, die umstrittene Gruppe innerkirchlicher Extremisten erst hoffähig gemacht zu haben. Bisher fristeten sie ein Gott sei Dank unbeachtetes Dasein im Abseits. Der erste Fehler war die Brücke, die Benedikt den Außenseitern baute, indem er den vor 40 Jahren abgelegten Messritus neu erlaubte. Dabei geht es nicht um lateinische Gebete und Gesänge, die übrigens nie verboten waren. Den Traditionalisten geht es mit dem alten Ritus um eine andere Kirche. Eine Kirche der Isolation und Autorität, ohne die brüderliche Gemeinschaft mit Andersgläubigen.

Hat der Papst wirklich geglaubt, die Kirche zu einen, indem er den Abtrünnigen entgegenkommt? Diese haben nie ein Wort der Umkehr geäußert. Reue aber ist nach katholischem Verständnis Voraussetzung für die Vergebung. Oder wollen die rückwärts Gewandten jetzt erst richtig durchstarten? Dann hat Benedikt XVI. bald das nächste Problem.