Donald Rumsfelds neuerliche Salve gegen Deutschland sorgt in Berlin für Verärgerung.

Washington/Berlin. Die deutsch-amerikanischen Beziehungen haben einen neuen Tiefpunkt erreicht. Im offenen Streit um einen Irak-Krieg stellte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld Deutschland auf eine Stufe mit Libyen und Kuba, die einen Militärschlag gegen das Regime in Bagdad ebenfalls ablehnen. Die Bundesregierung bekräftigte dagegen, sie sei nach den von US-Außenminister Colin Powell vorgelegten Indizien gegen den Irak weiterhin nicht von der Notwendigkeit einer Militäraktion gegen den Irak überzeugt. Deutschland werde sich weiter für eine friedliche Konfliktlösung einsetzen, sagte Regierungssprecher Bela Anda. Es gebe eine ganze Reihe von Regierungen, die den USA ihre Unterstützung zugesagt hätten, sagte Rumsfeld im US-Kongress. Davon hätten einige bislang ihre Hilfe von einer zweiten UNO-Resolution abhängig gemacht, sie würden aber letztlich möglicherweise auch ohne neuen Sicherheitsratsentschluss an der Seite der USA stehen. "Dann gibt es drei oder vier Länder, die erklärt haben, dass sie nichts zu unternehmen gedenken", sagte Rumsfeld. "Ich denke, Libyen, Kuba und Deutschland sind solche, die angedeutet haben, dass sie in keiner Weise helfen werden." Rumsfelds Berater Richard Perle legte im Krieg der Worte sogar noch nach: "Die Deutschen spielen keine Rolle mehr", sagte er dem "Handelsblatt". Dagegen relativierte US-Botschafter Daniel Coats Rumsfelds Äußerungen. Er spreche nicht für die ganze US-Regierung, sagte Coats im ZDF. Dies könne nur der US-Präsident. Coats warf der Bundesregierung aber vor, den Druck auf den irakischen Staatschef Saddam Hussein unterminiert zu haben. In den USA gebe es "ernste Zweifel", ob "Deutschland noch ein verlässlicher Partner ist". Rumsfeld hatte kürzlich Deutschland und Frankreich wegen ihrer Antikriegshaltung als "altes Europa" bezeichnet. Die Bundesregierung nahm die Äußerungen Rumsfelds mit Verärgerung auf, lehnte aber eine Stellungnahme ab. Die Opposition in Berlin zeigte teilweise Verständnis für Rumsfeld. "Die amerikanische Rhetorik muss einem nicht immer gefallen", sagte der CDU-Außenpolitiker Wolfgang Schäuble, fügte jedoch hinzu: "Tatsache ist ja leider, dass wir uns so verhalten." Die Bundesregierung müsse aufhören, sich vom Rest der Welt zu isolieren. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) wies Rumsfelds Vergleich als "keine akzeptable Klassifizierung Deutschlands" zurück. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler sagte, er sorge sich um den "inneren Zustand" Rumsfelds und forderte die Unionsspitze auf, sich "diesen Ton zu verbitten". SPD und Grüne äußerten unterdessen Zweifel an der Stichhaltigkeit der zuvor von Colin Powell im UNO-Sicherheitsrat präsentierten Beweise. Die SPD-Außenexperten Gernot Erler und Hans-Ulrich Klose sprachen von bekannten Indizien und neuen Verdachtsmomenten. Beide forderten weitere Inspektionen der UNO-Waffenkontrolleure im Irak. Die Hamburger Bischöfin Maria Jepsen sagte mit Blick auf die USA, die Kirche müsse deutlich gegen "Kriegstreiberei" auftreten.