Der Konflikt in Syrien wird trotz Waffenruhe immer brutaler. Das Regime nimmt Verwandte von Oppositionellen in Sippenhaft.

Damaskus/Genf. Die letzte Chance auf eine politische Lösung in Syrien schwindet dahin. Während die Opposition aufrüstet, igelt sich das Regime weiter ein. In einem Expertenbericht, den das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte (OHCHR) am Donnerstag in Genf veröffentlichte, heißt es, in dem Konflikt zwischen dem Regime von Präsident Baschar al-Assad und der Opposition fänden schwere Menschenrechtsverletzungen „in einem zunehmend militarisierten Kontext“ statt.

Die meisten der dokumentierten Gewalttaten würden von der syrischen Armee und den Sicherheitskräften verübt. Doch auch Rebellenkämpfer hätten zahlreiche Verbrechen begangen, unter anderem Folterungen, Hinrichtungen und Entführungen.

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Am Donnerstag töteten die Regimetruppen nach Angaben von Aktivisten landesweit 27 Menschen, darunter fünf Kinder. In einem Dorf der Provinz Idlib seien vier Männer aus ihren Häusern geholt und öffentlich hingerichtet worden, berichtete die in London ansässige Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete, „Terroristen“ hätten im Umland von Damaskus einen Oberstleutnant und dessen 13 Jahre alten Sohn erschossen.

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Das neue syrische Parlament wählte in seiner konstituierenden Sitzung einen regimetreuen Anwalt zum Parlamentspräsidenten. Mohammed Dschihad al-Laham ist Präsident der Anwaltskammer von Damaskus und Mitglied der Arabisch Sozialistischen Baath-Partei von Präsident Baschar al-Assad. Sein Vater gilt offiziell als „Märtyrer“, weil er in der Ära von Präsident Hafis al-Assad von Oppositionellen getötet wurde, die der Muslimbruderschaft zugerechnet wurden.

Die Opposition hatte die Parlamentswahl am 7. Mai boykottiert, bei der erstmals handverlesene Oppositionsparteien zugelassen waren. Die Baath-Partei, deren Führungsanspruch erst seit einigen Monaten nicht mehr in der Verfassung verankert ist, hält nun 162 der 250 Mandate.

Der Syrische Nationalrat (SNC) will seinen Vorsitzenden Burhan Ghaliun in zwei Wochen auswechseln. Das Führungsgremium des Oppositionsbündnisses erklärte am Mittwochabend in Istanbul nach einer langer Debatte, Ghaliun werde noch bis zur Wahl seines Nachfolgers am 9. Juni im Amt bleiben. Vor allem die Lokalen Koordinierungskomitees der Syrischen Revolution, die seit März 2011 den Widerstand gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad organisieren, hatten Ghaliuns Führungsstil kritisiert. (dpa)