Strauss-Kahn soll Zimmermädchen angegriffen haben. Euro-Gespräche mit Merkel geplatzt

New York. Mitten in der Euro-Krise ist der renommierte Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, wegen des Vorwurfs der versuchten Vergewaltigung in den USA verhaftet worden. Der 62-Jährige, der auch als aussichtsreicher französischer Präsidentschaftsanwärter galt, wurde wenige Minuten vor dem Start seines Flugzeugs in New York von US-Polizisten an Bord des Jets festgenommen. Strauss-Kahn wollte nach Berlin fliegen, um dort mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über die Zukunft des Euro zu beraten. Weltweit wurde die Verhaftung mit Fassungslosigkeit aufgenommen. Griechenland warnte gestern bereits vor kurzfristigen Verzögerungen bei den anstehenden Entscheidungen über den von EU und IWF getragenen Rettungsplan.

Strauss-Kahn wird zur Last gelegt, am Sonnabend eine Hotelangestellte in New York massiv sexuell bedrängt zu haben. Die Anklage lautet auf sexuelle Nötigung, versuchte Vergewaltigung und Freiheitsberaubung. Das 32 Jahre alte Zimmermädchen hatte der Polizei zu Protokoll gegeben, Strauss-Kahn sei nackt aus dem Badezimmer seiner angemieteten Suite gekommen und auf sie zugegangen. Danach habe er sie ins Schlafzimmer gezogen und versucht, sie zu Oralsex zu zwingen. Laut Polizei hat sich die Frau losreißen können, worauf der Franzose versucht habe, sie in dem Hotelzimmer einzusperren. Es sei ihr aber gelungen zu entkommen; anschließend habe sie sich wegen leichter Verletzungen in einem Krankenhaus behandeln lassen. Strauss-Kahn habe das Sofitel-Hotel am Times Square in Manhattan fluchtartig verlassen und dabei sein Mobiltelefon vergessen. Der Politiker genieße keine Immunität, erklärte ein Polizeisprecher. Er sollte noch gestern Abend einem Richter vorgeführt werden.

Der Anwalt Strauss-Kahns erklärte der Agentur Reuters, sein Mandant werde auf "nicht schuldig" plädieren. Sollte er wegen versuchter Vergewaltigung verurteilt werden, müsste er mit 15 bis 20 Jahren Haft rechnen. Auf Freiheitsberaubung stehen in den USA drei bis fünf Jahre Gefängnis.

In der derzeitigen europäischen Schuldenkrise spielt der Währungsfonds - eine Uno-Sonderorganisation, die die internationale Geldpolitik überwacht und kurzfristige Kredite vergibt - eine große Rolle. Er ist auch an den Rettungsprogrammen für Griechenland, Irland und Portugal beteiligt. Diese sollten im Zentrum des für gestern geplanten Gesprächs von Strauss-Kahn mit Merkel stehen. Heute wollte der IWF-Chef auch am Treffen der Euro-Finanzminister teilnehmen, die über ein Hilfspaket für Portugal entscheiden. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte in der ARD, trotz der Turbulenzen um Strauss-Kahn werde es keine Verzögerungen bei den Verhandlungen über Euro-Rettungspakete geben.

In Frankreich reagierten Anhänger und Gegner des Sozialisten geschockt. "Die Nachricht schlug wie ein Blitz ein", sagte Martine Aubry, die Chefin der Sozialisten, für die Strauss-Kahn bei den Präsidentschaftswahlen im kommenden Frühjahr als Gegenkandidat zum konservativen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy im Gespräch war. Solange aber nicht das Gegenteil bewiesen sei, müsse von der Unschuld ausgegangen werden. Der stellvertretende Vorsitzende der regierenden Partei UMP, Renaud Muselier, sprach von einer "Katastrophe für unser Land und für unser Bild nach außen. Das mischt die Karten für die Präsidentenwahl komplett neu." In allen Umfragen lag Strauss-Kahn zuletzt vor Sarkozy. Der verheiratete IWF-Chef war bereits 2008 wegen einer Affäre mit einer Kollegin unter Druck geraten.