Terroristenführer Osama bin Laden war unbewaffnet, bestätigt das Weiße Haus. Pakistan war aus Angst vor Verrat nicht in die Kommando-Aktion eingeweiht.

Washington. Wochenlanges Training, akribische Planung, dann der tödliche Schlag in Pakistan: Immer mehr Details über die Operation der US-Navy- SEALs gegen Terror-Chef Osama Bin Laden werden bekannt. US-Präsident Barack Obama war bei dem Einsatz unter dem Decknamen Geronimo live dabei. 40 Minuten lang verfolgte er über einen Bildschirm die Militäraktion im pakistanischen Abbottabad gegen Amerikas Staatsfeind Nummer 1.

Kameras übertrugen die Bilder aus Pakistan via Satellit live nach Washington ins Lagezentrum des Weißen Hauses. Dort hatte Obama sein Sicherheitsteam versammelt, darunter seinen Stellvertreter Joe Biden und US-Außenministerin Hillary Clinton. CIA-Chef Leon Panetta kommentierte aus der nahe gelegenen Zentrale des US-Geheimdienstes den Einsatz in Abbottabad per Videoschaltung. Es fielen Schüsse, am Ende hieß es nüchtern: "Geronimo, EKIA." Das steht für "Enemy Killed In Action" - der Feind ist im Gefecht gefallen.

Osama Bin Laden selbst allerdings sei bei der Kommando-Aktion der US-Elitesoldaten nicht bewaffnet gewesen, teilte das Weiße Haus gestern mit. Damit korrigierten die USA ihre bisherige Darstellung. Wegen des Widerstands seiner bewaffneten Mitstreiter sei der Al-Qaida-Chef in einem "unberechenbaren Schusswechsel" ums Leben gekommen. Auch sei die Ehefrau Bin Ladens bei dem Einsatz, anders als zunächst mitgeteilt, nicht getötet worden.

Die US-Elitesoldaten hatten beim Sturm auf Bin Ladens Unterschlupf auch mehrere Festplatten sichergestellt. Geheimdienste hoffen nun auf einen wahren Schatz an Informationen über die Terrororganisation al-Qaida. Die Datenträger seien an einen geheimen Ort in Afghanistan geschafft worden, berichtete das US-Onlinemedium "Politico". Dort seien nun Hunderte Experten mit der Auswertung befasst.

Inzwischen werden immer mehr Zweifel an der Rolle Pakistans laut. Frankreichs Außenminister Alain Juppé erklärte, es sei "schwer zu glauben", dass die Regierung nicht über den Aufenthaltsort des Terroristen-Chefs im eigenen Land informiert gewesen sei. Auch die USA räumten ein, sie hätten die Kommandoaktion aus Angst vor Verrat vor Pakistan geheim gehalten. "Jede Bemühung zur Zusammenarbeit mit den Pakistanern hätte die Mission aufs Spiel gesetzt", sagte CIA-Chef Leon Panetta dem US-Magazin "Time". Pakistan kritisierte den Einsatz des US-Spezialkommandos als "nicht genehmigte, einseitige Aktion".