Bei der Wahl am Sonnabend kamen die sozialdemokratische CSSD und die konservative ODS zusammen nur auf rund 42 Prozent.

Prag. Vom Ergebnis der tschechischen Parlamentswahlen war der Sieger Jiri Paroubek enttäuscht, der Zweitplatzierte Petr Necas fassungslos, und Politologe Tomas Lebeda sprach von einem „Schock“. Noch vor vier Jahren hatten Paroubeks sozialdemokratische CSSD und die konservative ODS von Necas zusammen fast 70 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen können. Am Samstag schrumpfte diese Zahl auf rund 42 Prozent zusammen. „Der Stimmenzuwachs der kleineren Gruppierungen auf Kosten dieser beiden Volksparteien ist geradezu revolutionär“, sagte Lebeda dem tschechischen Fernsehsender CT. Großen Hauptanteil daran hatten Tschechiens Jungwähler.

Etwa zwei Drittel der Erstwähler zwischen 18 und 21 Jahren konnten Analysen zufolge mit den altgedienten Parteien CSSD und ODS wenig anfangen und entschieden sich für frische konservative Kräfte. „Es ist ein Phänomen, dass in sozialen Netzwerken wie Facebook die neuen Gruppierungen wie TOP 09 für junge Wähler „cool“ wurden“, meinte die Politologin Vladimira Dvorakova. Bei Erstwählern sei es zudem nicht gut angekommen, dass die Linksparteien vor einem Jahr inmitten der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft die Mitte-Rechts-Koalition im Parlament zu Fall gebracht hätten. „Dafür wurde die CSSD jetzt eindeutig bestraft“, sagte der Politikwissenschaftler Michal Klima.

KOMMUNISTEN UNTER DEN FAVORITEN

Paroubek könnte nun als erster Sieger einer tschechischen Parlamentswahl in die Geschichte eingehen, der nicht Regierungschef wird. Denn dem CSSD-Vorsitzenden stehen als „klassische“ Partner nur die Kommunisten (KSCM) zur Verfügung, allerdings hätte ein solches Bündnis keine Mehrheit. Daher könnte die zweitplatzierte ODS von Necas trotz eines „schockierenden“ Stimmenverlustes zum Zug kommen. Denn mit den erstmals im Parlament vertretenen Parteien TOP 09 und VVwürde es zu einer Mitte-Rechts-Koalition reichen. Sprecher der drei Kräfte kündigten bereits am Abend baldige Gespräche an.

Ein solches Bündnis wäre aber nach Ansicht von Beobachtern ein Gleichnis mit vielen Unbekannten. Die ODS wäre als Führungskraft deutlich geschwächt, und den beiden neue Gruppierungen TOP 09 und VV fehlen noch Profil und „regionaler Unterbau“. Eine „mutlose“ Regierung würde eine weitere Stärkung des selbstbewussten Staatschefs Vaclav Klaus bedeuten. Der Präsident sprach am Abend bereits von einer „elementaren Schwächung der beiden großen Parteien“.