Erstmals seit 36 Jahren müssen in Großbritannien Koalitionsgespräche geführt werden. Premier Brown lässt dabei den Konservativen den Vortritt.

Die Parlamentswahlen in Großbritannien haben erstmals seit 36 Jahren keine eindeutigen Mehrheiten hervorgebracht. Die Konservativen unter David Cameron wurden zwar stärkste Kraft, verfehlten aber die zur alleinigen Regierungsbildung notwendigen 326 Mandate deutlich. Die Labour-Partei von Premierminister Gordon Brown kam Teilergebnissen zufolge auf Platz zwei.

Sowohl Cameron als auch Brown beanspruchten die Regierungsbildung in ersten Reaktionen für sich. Dem amtierenden Premier steht das Vorrecht bei der Regierungsbildung zu, wenn es keine eindeutigen Mehrheiten gibt. Doch Brown lässt nun den Konservativen den Vortritt bei Koalitionsgesprächen mit den Liberal-Demokraten.

Er akzeptiere, dass deren Chef Nick Clegg zunächst mit dem Chef der Konservativen sprechen wolle. Jedoch stehe er danach für Verhandlungen bereit, sagte Brown am Freitag vor der Downing Street Nr.10 in London. Gleichzeitig betonte er die Gemeinsamkeiten mit den Liberalen. So wolle auch Labour eine Reform für ein „faireres Wahlsystem“. Priorität der Parteien sei, die Wirtschaft zu stabilisieren.

Browns Labour-Partei hatte bei der Wahl das schlechteste Ergebnis seit 1983 erzielt. Nach Auszählung nahezu aller Wahlkreise kommen die Konservativen voraussichtlich auf 305 Sitze im Unterhaus – für die absolute Mehrheit wären 326 Mandate erforderlich gewesen. Auf Labour dürften 255 Sitze entfallen, auf die Liberal-Demokraten 61. Der Rest geht an kleinere Parteien, wie die Grünen, die erstmals in ihrer Geschichte ein Unterhaus-Mandat erringen konnten – im südenglischen Küstenort Brighton. BBC-Berechnungen zufolge erhielten die Konservativen landesweit 36 Prozent der abgegebenen Stimmen, Labour 29 Prozent und die Liberal-Demokraten 23 Prozent.