Berlin. Deutschland steht nach Irans Angriff an Israels Seite. Die Sicherheit des jüdischen Staates hat hohe Priorität. Sie ist unverhandelbar.

Nach dem iranischen Angriff erfuhr Israel viel Solidarität. Die Unterstützung aus Deutschland ließ in den verganenen Monaten nie nach, auch nicht, als weltweit Kritik am militärischen Vorgehen im Gazastreifen laut wurde. Deutschland hat wegen des Holocaust ein Sonderverhältnis zu Israel.

Die Erfahrung der Shoa dürfte die zionistische Bewegung darin bestärkt haben, einen jüdischen Staat zu gründen. Dessen Sicherheit stand für die Bundesrepublik stets außer Frage. Das einzigartige Verhältnis zu Israel ist begründet durch die Verantwortung Deutschlands für den systematischen Völkermord an etwa sechs Millionen Juden Europas in der Zeit des Nationalsozialismus.

Vor fast 16 Jahren, am 18. März 2008, hielt BundeskanzlerinAngela Merkel vor dem israelischen Parlament eine Rede, deren Schlüsselsatz in jüngster Zeit vielfach zitiert wurde: „Diese historische Verantwortung Deutschlands ist Teil der Staatsräson meines Landes. Das heißt, die Sicherheit Israels ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar.“

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Diese Zusicherung war eine Art vorläufiger Schlusspunkt einer Entwicklung, die die deutsch-israelischen Beziehungen in den vergangenen Jahrzehnten genommen haben. Am Anfang stand ein Abkommen über die Zahlung von drei Milliarden D-Mark Entschädigung an den jüdischen Staat – eine damals außerordentlich hohe Summe, über die es im Vorfeld in Deutschland manche Diskussionen gegeben hatte.

Doch Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) ließ keine Zweifel zu. Der Vertrag habe „auf einer zwingenden moralischen Verpflichtung“ beruht, schrieb er in seinen Memoiren: „Es gibt Höheres als gute Geschäfte.“ Allerdings mag auch ein gewisser diskreter Druck der USA den Kanzler zu seinem Schritt bewegt haben. Mit ihrem ersten inoffiziellen Treffen in New York 15 Jahre nach dem Ende der Nazi-Diktatur gingen Adenauer und der israelische Premierminister David Ben-Gurion einen weiteren entscheidenden Schritt der Aussöhnung.

Wofür steht der Begriff „Staatsräson“ heute?

Es dauerte dann zwar noch bis zum 12. Mai 1965, ehe die Bundesrepublik und Israel diplomatische Beziehungen aufnahmen. Doch die Zusammenarbeit, vor allem bei Waffenlieferungen, reicht bis in die 1950er Jahre zurück. Dabei handelt es sich um höchst diskrete, oft über die Geheimdienste abgewickelte Projekte. Hier ist ein unmittelbarer Ausdruck dessen zu erkennen, was Deutschland zur militärischen Sicherheit Israels beiträgt, und was auch mit dem Begriff der Staatsräson gemeint ist.

Auch in der gegenwärtigen kritischen Lage Israels dürfte niemand die Erwartung hegen, dass die auch von BundeskanzlerOlaf Scholz formulierte „Staatsräson“ eine informelle militärische Beistandsverpflichtung beinhaltet, die möglicherweise durch die Entsendung deutscher Truppenkontingente zur Verteidigung Israels untermauert werden müsste. Gleichwohl befindet sich die Bundesregierung in der Zwickmühle, einerseits die größtmögliche Solidarität mit Israel zu zeigen, andererseits aber auf der Einhaltung völkerrechtlicher Regeln zu bestehen

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Dabei geht es vor allem um den von der Regierung Netanjahu geführten Krieg im Gazastreifen geht. Schon die Eingriffe der Regierung in das Justizsystem hatten in Deutschland erhebliche Bedenken ausgelöst und das ohnehin nicht innige Verhältnis zu Netanjahu belastet. Doch auch hier ist es so, dass Deutschland sich aufgrund seiner Geschichte zur fast bedingungslosen Solidarität mit dem jüdischen Staat und seinen Bürgern verpflichtet sieht, dies aber nicht für die jeweilige Regierung gilt.