Ottawa. . Ein 98-jähriger ukrainischer Einwanderer wird von Kanadas Parlament geehrt. Der Vorzeige-Ukrainer hat indes eine dunkle Vergangenheit.

Anthony Rota würde es gern ungeschehen machen. Kanadas Parlamentspräsident hat einen schrecklichen Fehler begangen: Im Beisein des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hat er einen Kriegsveteranen gewürdigt, der im Zweiten Weltkrieg für die Unabhängigkeit der Ukraine gegen Russland gekämpft hatte.

Allerdings stellte sich alsbald heraus: Der Mann kämpfte in einer Einheit der Waffen-SS. Er ist nicht gerade der erhoffte Vorzeige-Einwanderer. Die Geschichte eines Eklats, der Kremlchef Wladimir Putin allzu gelegen kommen dürfte.

Riesen-Wirbel im Netz: Über 100.000 Posts zu Waffen-SS

Vor dem Unterhaus in Ottawa genoss der vermeintliche Vorzeige-Migrant, der 98 Jahre alte Yaroslav Hunka, am Freitag Standing Ovations. Vor dem Fernseher wurde der Politik-Wissenschaftler Ivan Katchanovski derweil stutzig. Am Wochenende postete er auf X, ehemals Twitter, Fotos vom vermeintlichen Vorzeige-Ukrainer und Helden als früheren Soldaten der 14. Waffen-SS-Division Galizien. X zählt am Montag 113.000 Posts zum Thema Waffen-SS. Der Shitstorm will nicht aufhören

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Längst schaltete sich die jüdische Organisation "Friends of Simon Wiesenthal Center" (FSWC) empört in die Debatte ein. Hunka selbst ist abgetaucht, jedenfalls reagiert er nicht auf Medienanfragen. Parlaments-Präsident Rota bedauerte die Ehrung und bat die jüdische Gemeinschaft um Verzeihung.

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Auch Selenskyj, seine Ehefrau Olena und Kanadas Premier Justin Trudeau, die allesamt dem älteren Herren auf der Zuschauer-Tribüne applaudiert hatten, sehen nachträglich schlecht aus. Laut Wissenschaftler Katchanovski hatte sich Hunka freiwillig zur SS-Division Galizien gemeldet. Ihr werden eine Reihe von Massakern vor allem an polnischen Zivilisten vorgeworfen.

Olena Selenska,  Wolodymyr Selenskyj  und Justin Trudeau applaudieren dem vermeintlichen Vorzeige-Einwanderer  Yaroslav Hunka.
Olena Selenska, Wolodymyr Selenskyj und Justin Trudeau applaudieren dem vermeintlichen Vorzeige-Einwanderer Yaroslav Hunka. © Patrick Doyle/The Canadian Press/AP/dpa

Immer wieder verunglimpft Russland die Ukraine als Nazi-Staat

Rota, der den Mann aus seinem Wahlkreis kannte, hatte ihn zur Sitzung im Parlament eingeladen: Froh darüber, dass er jemanden präsentieren konnte, dessen Leben für eine gelungene Migration in Kanada und für die enge Partnerschaft mit der Ukraine stand; aber ohne tatsächlich eruiert zu haben, wen er da auf der Tribüne als "Helden" ehren ließ.

Der Eklat ist Wasser auf die Mühlen der russischen Propaganda. Der Kreml hat immer wieder Ukrainer als Nazis verunglimpft. (fmg)

Russland-Reportagen von Jan Jessen