Am AKW Saporischschja beschuldigen sich Ukraine und Russland gegenseitig, ein Unglück zu provozieren. IAEA-Experten fanden nun Minen.

Die Internationale Energiebehörde (IAEA) hatte immer wieder die Ukraine und Russland davor gewarnt, die Sicherheit des Atomkraftwerks Saporischschja zu gefährden. Nun hat sie auf dem Gelände des von russischen Truppen besetzten ukrainischen AKW's mehrere Minen gesichtet. Wie IAEA-Chef Rafael Grossi am Montag erklärte, entdeckten Mitarbeiter seiner Behörde bei Inspektionen am Sonntag „einige Minen in einer Pufferzone zwischen der inneren und äußeren Umzäunung der Anlage“.

Die Anipersonenminen befinden sich demnach in „Sperrgebieten“, zu denen das Betriebspersonal der Anlage keinen Zugang hat. Angaben zur Anzahl der Minen auf dem Kraftwerksgelände machte Grossi nicht. Ihm zufolge geht die IAEA in einer ersten Einschätzung aber davon aus, dass eine Detonation „die Sicherheits- und Sicherungssysteme der Atomanlage nicht beeinträchtigen dürfte“.

Größtes Atomkraftwerk Europas Saporischschja liegt zwischen den Fronten

Russische Truppen hatten das AKW kurz nach Beginn des von Präsident Wladimir Putin befohlenen Angriffskriegs vor 17 Monaten besetzt. Mehrfach geriet die Anlage unter Beschuss, was trotz ihres Herunterfahrens international die Sorge vor einer Atomkatastrophe steigerte. Seit Monaten verdächtigen sich Moskau und Kiew gegenseitig, gezielt ein Unglück an der Nuklearanlage zu provozieren, entweder durch Beschuss oder durch Verminung. Anfang Juli spitzten sich die Vorwürfe zu. Es hieß, ein Anschlag stehe unmittelbar bevor.

Das ukrainische Militär hatte den russischen Besatzern unter anderem vorgeworfen, „sprengstoffähnliche Gegenstände“ auf den Dächern zweier Reaktoren angebracht zu haben. Ihre Detonation solle „den Eindruck eines Beschusses von ukrainischer Seite“ erwecken. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow warnte wiederum vor einem „subversiven Akt durch das Regime in Kiew“.

Das Auslegen von Sprengsätzen auf dem Gelände bezeichnete Grossi nun als „unvereinbar mit den IAEA-Sicherheitsstandards und den Leitlinien für nukleare Sicherheit“. Ein solches Vorgehen erhöhe zudem den psychologischen Druck auf das Personal, erklärte Grossi.In der vergangenen Woche hatte die IAEA erklärt, ihre Experten hätten die Anlage besichtigt, ohne dabei Hinweise auf Minen gefunden zu haben. Allerdings habe die Behörde noch immer keinen Zugang zu den Dächern der Reaktorgebäude und ihrer Turbinenhallen erhalten, hieß es in der aktuellen Erklärung.

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Verminung des AKWs stehe im Widerspruch zur nuklearen Sicherheit

Grossi sagte, seiner Behörde sei bekannt gewesen, dass Minen außerhalb des Geländes und auch an bestimmten Stellen innerhalb des Geländes platziert worden seien. Man habe seinem Team gesagt, dass es sich um eine militärische Entscheidung handele, und zwar in einem vom Militär kontrollierten Gebiet.

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Das Abkommen zum Verbot von Antipersonenminen wurde 1997 beschlossen, die Ukraine ist 1999 beigetreten und hat es 2005 ratifiziert. Russland ist dem Vertrag nicht beigetreten. Antipersonenminen explodieren, wenn sie berührt werden - etwa von Kindern, die sie aufheben wollen oder von Bauern, die ihr Feld bestellen. Sie sind oft nur so groß wie ein Handteller und können vom Boden oder aus der Luft mit Raketen über größere Gebiete verteilt werden. (os/afp/dpa)

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