Ein internes Papier der irischen Behörden schlägt eine extreme Klimaschutz-Maßnahme vor. Irische Landwirte fühlen sich überrollt.

Die grüne Insel will ihrem Namen zukünftig auch in der Klima-Politik gerechter werden. Dafür erwägt Irland einen extremen Schritt, der Hunderttausende Kühe das Leben kosten könnte. Denn in einem internen Papier des irischen Landwirtschaftsministeriums wird vorgeschlagen, in den kommenden drei Jahren fast 200.000 Kühe zu töten. Die Maßnahme solle dabei helfen, die Klimaziele des EU-Mitglieds zu erreichen. Denn bisher werden die Klimavorgaben weit verfehlt. Die 18.000 irischen Milchbauer fühlen sich überrollt und zeigen sich schockiert.

"Es sollte bilaterale Gespräche geben, um einen Plan zu erstellen, der die ganze Branche mit ins Boot holt", sagte Pat McCormack, Präsident des Verbands der irischen Milchlieferanten, der Deutschen Presse-Agentur. "Die Regierung muss Engagement zeigen und ein Budget vorlegen, um das zu finanzieren." Außerdem könne so ein Programm nur freiwillig sein.

Dass etwas im Kampf gegen den Klimawandel geschehen muss, ist klar. Erst vor kurzem hatte die Umweltbehörde EPA mitgeteilt, das Land werde seine Klimaziele voraussichtlich deutlich verfehlen. Eines dieser Ziele besagt, dass allein die Emissionen des Agrarsektors bis 2030 um 4 bis 20 Prozent sinken sollten. Insgesamt will Irland im Rahmen der EU-Verordnung zur Lastenteilung die Emissionen des Landes um 30 Prozent im Vergleich zu 2005 senken.

Tötung von Kühen: "Kernmaßnahme" zum Erreichen der Klimaziele

Bereits zuvor hatte der Agrarminister Charlie McConalogue angedeutet, die Verringerung des Milchviehbestands zu erwägen – auf freiwilliger Basis. Vor kurzem veröffentlichte die Zeitung "Irish Independent" ein Papier. Darin ist die Rede davon, dass "Kernmaßnahmen", die bisher zur Verringerung der Emissionen in der Landwirtschaft festgelegt wurden, in Kombination mit der "Verlagerung" von Viehbeständen einen Weg zur Einhaltung der Klimaziele bieten könnten.

"Ungefähr 65.000 Milchkühe pro Jahr müssten 2023, 2024 und 2025 aus dem Markt genommen werden." Die Lösung laute Keulung, schrieb der "Independent". Die bis jetzt geplanten Maßnahmen reichten nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen, heißt es in den Unterlagen. Um die Lücke zu schließen, müssten nach Ansicht des Ministeriums in den kommenden Jahren "10 Prozent des Viehbestands durch andere Aktivitäten ersetzt" werden. Das wären 740.000 Tiere.

Die Bauern sollen laut dem Plan für den Verlust ihrer Kühe entschädigt werden. Die Regierung sei fest entschlossen, den Landwirten "freiwillige, finanziell attraktive Optionen zu bieten, zu denen auch die Diversifizierung gehört", sagt eine Sprecherin des Agrarministeriums. Von 3000 Euro je Kuh und jährlich 200 Millionen Euro bis 2025 ist im "Independent" die Rede.

Die Sprecherin betont, das Papier sei "Teil eines Beratungsprozesses" und gehöre zu verschiedenen Optionen, die geprüft würden. "Es handelt sich nicht um eine endgültige politische Entscheidung." Die Branche habe bereits ein hohes Maß an Nachhaltigkeit gezeigt. Dieser Ehrgeiz müsse ausgebaut werden. Lesen Sie auch: Bergsturz in den Alpen: Wird Wandern zu gefährlich?

Diskussionen in Frankreich – auch in Deutschland Kuh-Tötungen?

Kühe töten für Klimaschutz – Irland ist nicht das einzige Land, das die Dezimierung des Kuhbestandes diskutiert. Auch in Frankreich hat der Rechnungshof kürzlich eine Strategie zur Verringerung des Rinderbestands erstellt. Demnach ist die stark subventionierte Rinderhaltung für 11,8 Prozent des Treibhausgasausstoßes in Frankreich verantwortlich – vergleichbar mit den Emissionen der Wohngebäude. Um den Verpflichtungen nachzukommen, müsse der Viehbestand zwangsläufig deutlich kleiner werden.

Gerade Irland hat allerdings auf die Einwohner gerechnet besonders viele Kühe. Mehr als 7 Millionen Rinder, davon 1,55 Millionen Milchkühe, leben in Irland mit gut 5 Millionen Einwohnern. Zum Vergleich: 2022 gab es in Deutschland 11 Millionen Rinder, darunter 4,3 Millionen Milchkühe.

"Wir haben – unter anderem aus Klimagründen – unseren Bestand bereits um 600.000 Tiere reduziert und liegen jetzt bei 3,7 Millionen", sagt Hans Foldenauer vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter nun der dpa. "Der Gedanke, Tiere für die Klimaziele zu keulen, wäre in Deutschland unvorstellbar." Es gebe andere Möglichkeiten. Auch der Deutsche Bauernverband lehne solche Schritte ab, sagt ein Sprecher.

Tatsächlich gibt es in Deutschland keine entsprechenden Pläne. "Für Deutschland ist das weder angedacht, noch wird darüber diskutiert", sagt ein Sprecher des Bundesagrarministeriums. "Der Landwirtschaftssektor hat in den vergangenen Jahren seinen Treibhausgasausstoß kontinuierlich gesenkt und erreicht das im Klimaschutzgesetz bislang vorgesehene Sektorziel." (os/dpa)

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