Berlin/Stockholm. Ein Bericht eines Friedensforschungsinstituts verzeichnet eine Trendwende bei einsatzbereiten Atomsprengköpfen. Ein Land sticht hervor.

Die Atommächte dieser Welt treiben eine Modernisierung ihrer nuklearen Arsenale voran. Das geht aus dem Jahresbericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri hervor. Die Organisation hat diesen am Montag veröffentlicht. Ein Grund für die Stärkung der Arsenale ist der Ukraine-Krieg und damit einhergehend eine verschlechterte Sicherheitslage auf der gesamten Erde.

Ein Land steht dabei besonders im Blickpunkt: China. Laut den Friedensforschern erfolgt in der Volksrepublik eine erhebliche Modernisierung und Erweiterung des Atomwaffenarsenals.

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"China hat mit einer erheblichen Erweiterung seines Nukleararsenals begonnen", merkte Sipri-Experte Hans M. Kristensen an. Es werde immer schwieriger, diesen Trend mit Pekings erklärtem Ziel zu vereinbaren, lediglich über ein Minimum an Atommacht zu verfügen, um die nationale Sicherheit aufrechtzuerhalten. China hat seinen Lagerbestand von 350 auf 410 Atomwaffensprengköpfe erhöht. Auch Nordkorea sei ein Land, das sein militärisches Nuklearprogramm als zentrales Element seiner Sicherheitsstrategie begreift.

Sipri-Direktor: "Eine der gefährlichsten Perioden der Menschheitsgeschichte"

"Wir driften in eine der gefährlichsten Perioden der Menschheitsgeschichte", sagte der Sipri-Direktor Dan Smith. Er forderte die Staaten auf, die Nukleardiplomatie wiederherzustellen und die internationalen Kontrollen von Atomwaffen zu verstärken.

Seit Jahrzehnten ist zwar die weltweite Zahl der Kernwaffen stetig gesunken. Mittlerweile macht sie nur noch weniger als ein Fünftel von dem aus, was sich zu Hochzeiten des Kalten Krieges in den 1980er Jahren in den Atomarsenalen befunden hat. Der Rückgang liegt jedoch hauptsächlich daran, dass ausrangierte Sprengköpfe nach und nach von den führenden Atommächten Russland und den USA demontiert werden. In den Beständen dieser beiden Staaten befinden sich immer noch fast 90 Prozent aller Sprengköpfe.

Atomwaffen: Etwa 2000 Sprengköpfe in hoher Einsatzbereitschaft

Das Problem sehen die Friedensforscher vor allem in den Sprengköpfen, die für den Einsatz bestimmt sind. Deren Zahl stieg im Jahresvergleich um 86 auf schätzungsweise 9576. Etwa 2000 davon befinden sich wie im Vorjahr in hoher Einsatzbereitschaft. Sie sind also auf Raketen montiert oder auf Luftwaffenstützpunkten mit Atombombern stationiert. Fast alle davon gehören Russland oder den USA.

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Neun Staaten verfügen laut Sipri über Atomwaffen: Neben Russland und den USA, China, Indien und Nordkorea sind es Frankreich und Großbritannien sowie Pakistan und Israel. Deutschland besitzt – auch als Lehre aus den Schrecken des Zweiten Weltkriegs – keine Atomwaffen. (dpa/AFP/fmg)