Berlin. Gewalt im Pflegeheim ist keine Ausnahme, zeigt eine aktuelle Analyse. Und das hat nicht allein mit strukturellen Problemen zu tun.

Stellen Sie es sich kurz vor: Sie haben ein langes Leben gelebt, vielleicht Kinder großgezogen, waren erfolgreich im Beruf oder engagiert in Ihrem Ort. Sie haben Ihr Bestes gegeben, die Kämpfe des Alltags gekämpft. Und dann liegen Sie im Bett eines Pflegeheims und müssen mit anhören, wie andere Menschen laut und locker über Ihre Inkontinenz sprechen.

Diese Art der Grenzverletzungen kommen häufig vor in Pflegeeinrichtungen, auch körperliche und sexualisierte Gewalt sind keine Einzelfälle, so eine aktuelle Analyse. Von einem alltäglichen Phänomen sprechen Experten.

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Natürlich, es gibt sehr viele gute, engagierte Pfleger in Deutschland, die jeden Tag einen enorm wichtigen Job machen. Und es gibt strukturelle Probleme in der stationären Pflege: Personal, Zeit, Geld – von allem gibt es zu wenig. Aber wie die Bewohner behandelt werden, ist eine Frage der inneren Haltung.

Gewalt in der Pflege: Es braucht mehr Sensibilisierung

Gewalt geschieht auch unabsichtlich. Weiß die Pflegerin, dass es verletzend sein kann, wenn sie einen erwachsenen Mann in Babysprache anspricht? Dass es respektlos ist, mit der besten Freundin zu telefonieren, während sie jemanden wäscht?

Laura Rèthy ist Wissenschaftsredakteurin der FUNKE Zentralredaktion
Laura Rèthy ist Wissenschaftsredakteurin der FUNKE Zentralredaktion © Reto Klar | Reto Klar

Hier braucht es mehr Sensibilisierung für das Thema, es muss in der Ausbildung von Pflegekräften mehr Gewicht bekommen. Einrichtungen müssen verpflichtet werden, ein Konzept zur Prävention von Gewalt zu entwickeln und dieses Konzept auch zu leben. Es muss regelmäßige, verpflichtende Schulungen geben.

Das könnte sich auch positiv auf das größte Problem in der Pflege auswirken: das Fehlen von geeignetem Personal. Niemand erlebt an seinem Arbeitsplatz gerne Gewalt. Wer dieses Problem angeht, schafft auch bessere Bedingungen für die Pflegekräfte.

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