Berlin. Gibt es mehr Geld für den Kampf gegen Kinderarmut? FDP-Chef Linder wehrt sich dagegen – ein SPD-Bürgermeister greift ihn dafür an.

Für Sozialverbände ist es ein zentrales Mittel im Kampf gegen Kinderarmut: die Kindergrundsicherung. Zu dem Vorhaben haben sich auch die drei Ampel-Parteien im Koalitionsvertrag bekannt. Über ein wichtiges Detail gibt es jedoch Uneinigkeit – die Finanzierung. Das stößt nun auch in den Ländern auf Kritik.

"Mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland wächst in Armut auf", sagte Bremens Senatspräsident und Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) dieser Redaktion. "Das ist für ein reiches Land zutiefst beschämend und das dürfen wir nicht länger hinnehmen." Denn Kinderarmut schränke Teilhabe ein, Kinderarmut reduziere Bildungschancen und Kinderarmut bestimme das weitere Leben junger Menschen.

SPD-Politiker Bovenschulte: Kindergrundsicherung wird es nicht zum Nulltarif geben

Bovenschulte fügte hinzu: "Die Kindergrundsicherung wird es aber nicht zum Nulltarif geben. Dieses Dogma der FDP muss weg." Mit der Kindergrundsicherung sollen ab 2025 verschiedene staatliche Leistungen wie Kindergeld und Kinderzuschlag gebündelt werden. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) hatte dafür ab 2025 die Summe von zwölf Milliarden Euro pro Jahr gefordert.

Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) warnt: „Mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland wächst in Armut auf.“
Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) warnt: „Mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland wächst in Armut auf.“ © dpa | Sina Schuldt

Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner lehnt dies ab. "Ich bin mit dem Bundeskanzler einer Meinung", hatte Lindner am Wochenende dem Sender "Phoenix" gesagt. Kanzler Olaf Scholz (SPD) habe ebenfalls gesagt, "das Wesentliche für die Kindergrundsicherung in finanzieller Hinsicht sei getan". Weitere zwei bis drei Milliarden Euro zusätzlichen Finanzbedarf erwarteten seine Experten im Ministerium, wenn alle berechtigten Familien die bereits beschlossenen beziehungsweise erhöhten Hilfen auch tatsächlich in Anspruch nähmen, sagte Lindner.

SPD rechnet mit zusätzlichen Ausgaben in Milliardenhöhe

Die SPD-Bundestagsfraktion geht davon aus, dass der Bund für die geplante Kindergrundsicherung mindestens drei Milliarden Euro zusätzlich geben muss. Bisher seien etwa durch Erhöhungen des Kindergelds und der Regelsätze beim Bürgergeld schon Hilfen von sieben Milliarden Euro beschlossen worden, sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast. Insgesamt rechne sie am Ende mit einem zweistelligen Milliardenbetrag für die Kindergrundsicherung.

"Die Kindergrundsicherung ist ja das Instrument für den engagierten Kampf gegen Kinderarmut", sagte Mast. Staatliche Hilfen sollten dadurch einfacher bei bedürftigen Kindern ankommen. "Dazu haben wir ja in dieser Legislatur schon ziemlich viel Gesetzgebung gemacht", betonte sie. Die Änderungen unter anderem beim Kindergeld gehörten schon dazu.

"Jetzt gehe es darum, dass alle Leistungen bei den Kindern ankommen. Das tun sie nicht", sagte Mast. Tatsächlich stellen viele Familien keine Anträge zum Beispiel für den Kinderzuschlag oder für Hilfe aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. Künftig sollten die Gelder besser ankommen. "Damit werden wir automatisch nochmal einige Milliarden zusätzlich ausgeben", sagte Mast.