Berlin. Israels Ministerpräsident untergräbt die Demokratie in seinem Land. Die deutschen Gastgeber bringt das in eine missliche Lage.

Fast auf den Tag genau vor 15 Jahren formulierte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Knesset in Jerusalem einen Gedanken, der ebenso einleuchtend wie eindringlich ist: Die Sicherheit Israels ist Teil der deutschen Staatsräson. So sahen es außer Merkel bisher alle Regierungschefs der Bundesrepublik. Und so sollte es auch sein: Das demokratische Deutschland bekennt sich aufgrund seiner historischen Verantwortung ohne Wenn und Aber zum Existenzrecht des jüdischen Staates und richtet seine Politik danach aus.

Israel: Ein Angriff auf die Gewaltenteilung

Politik-Korrespondent Thorsten Knuf
Politik-Korrespondent Thorsten Knuf © Reto Klar | Reto Klar

Das ist der Rahmen, wenn der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in diesen Tagen zu Besuch in Deutschland ist. Für Donnerstag sind Treffen mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geplant. Man kann davon ausgehen, dass auch sie das Merkel’sche Diktum bekräftigen werden.

Heikel sind Besuche israelischer Spitzenpolitiker in Deutschland immer. Doch auf diese Visite Netanjahus trifft das ganz besonders zu: Er und seine sehr rechte Regierungskoalition sind gerade dabei, mit einer umstrittenen Reform die Unabhängigkeit der israelischen Justiz zu schwächen. Nach Auffassung zahlreicher Kritiker ist die Gewaltenteilung und damit die Demokratie insgesamt in Gefahr.

Scholz: Kritik allenfalls hinter den Kulissen

Die Vorgänge können keinen Demokraten und keinen Freund Israels kalt lassen. Es wäre allerdings vermessen, von Kanzler oder Bundespräsident zu erwarten, dass sie Netanjahu nun öffentlich die Leviten lesen. Wenn überhaupt, lässt sich allenfalls hinter den Kulissen Kritik üben. Es gehört sich nicht, sich in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates einzumischen. Im Falle Israels ist Deutschland erst recht nicht in der Position, dies zu tun.