Berlin. Die Bundesregierung will „Missverständnisse“ vermeiden und ändert einen Text zu Pubertätsblockern. Was das heißt und wozu sie dienen.

Das Familienministerium sah sich am Donnerstag zu einer ungewöhnlichen Klarstellung genötigt. „Bundesregierung empfiehlt nicht die Einnahme von Pubertätsblockern“ lautete die Überschrift einer Pressemitteilung, die das Ministerium am Mittag verbreitete. Es war eine Reaktion auf Kritik der Opposition an einem Beitrag auf der Onlineplattform „Regenportal“ zu Pubertätsblockern bei Jugendlichen.

Dort hatte es auf dem Portal hatte es unter anderem geheißen: „Bist du noch sehr jung? Und bist du noch nicht in der Pubertät? Dann kannst du Pubertäts-Blocker nehmen. (...) Diese Medikamente sorgen dafür, dass du nicht in die Pubertät kommst.“

Pubertätsblocker: CSU-Politikerin zeigt sich empört

Seit Donnerstag heißt es nun vorsichtiger: „Bist du noch sehr jung? Und bist du noch nicht in der Pubertät? So kannst du deinen Arzt/deine Ärztin fragen, ob dir Pubertätsblocker vielleicht helfen könnten.“ Der Text sei angepasst worden, um „Missverständnissen vorzubeugen“, so das Familienministerium.

CDU-Politikerin Julia Klöckner hatte den Ursprungstext als „irre“ bezeichnet und der Bundesregierung vorgeworfen, die Medikamente zu empfehlen „wie Hustenbonbons!“. Der Text auf dem Portal war seit der letzten Legislaturperiode online. Sven Lehmann (Grüne), Queer-Beauftragter der Bundesregierung, hatte Klöckner daraufhin „schäbige Stimmungsmache auf Kosten von trans Kindern“ vorgeworfen.

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Aber was sind eigentlich Pubertätsblocker und wann kommen sie zum Einsatz? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was sind Pubertätsblocker?

Als Pubertätsblocker bezeichnet man Medikamente, die die Pubertät bei Jugendlichen verzögern. Dabei werden Rezeptoren an der Hirnanhangsdrüse besetzt, sodass die Produktion einer Gruppe von Hormonen nicht stattfindet. Werden die Blocker abgesetzt, werden die Rezeptoren frei, und die Pubertät setzt ein. Der Effekt ist also reversibel. Blocker kommen erst zum Einsatz, wenn die Pubertät bereits begonnen hat.

Pubertätsblocker: Wann werden sie angewandt?

Verschrieben werden derartige Blocker unter anderem bei Kindern, deren Pubertät zu früh beginnt – bei Mädchen vor dem achten, bei Jungen vor dem neunten Lebensjahr.

Die aktuelle Debatte konzentriert sich aber auf den Einsatz in der Behandlung von transgeschlechtlichen Jugendlichen. Viele Betroffene empfinden es als große psychische Belastung, nicht dem Geschlecht zugeordnet zu werden, dem sie sich zugehörig fühlen. Durch diese „Geschlechtsinkongruenz“ entstehe oft ein großer Leidensdruck, sagt Jan Schwendowius, Leiter der Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Berliner Charité. Dieser Druck nehme in der Pubertät noch zu. „Durch die Gabe von Blockern reduziert man diesen Stress und damit auch Folgeerkrankungen.“ Die Blocker sollen als eine Art Pause-Knopf funktionieren, der Jugendlichen mehr Zeit geben, sich zu entwickeln und zu orientieren.

Verschrieben werden Blocker nach sorgfältiger Abwägung, sagt Schwendowius: „Familien gehen diesen Schritt nicht, weil jemand mal eine Phase hat, in der er gern Nagellack trägt. Es sind keine leichten Entscheidungen für die Familien, und werden auch nicht leichtfertig von den Behandlern getroffen.“

Pubertätsblocker Welche Risiken und Nebenwirkungen gibt es?

Die Behandlung mit Pubertätsblockern kann Nebenwirkungen haben, kurzfristig etwa Kopfschmerzen und Stimmungschwankungen. Langfristig sind auch Auswirkungen auf die Knochendichte möglich.

Das Familienministerium betont, dass die Entscheidung über die Verschreibung von Pubertätsblockern im Ermessen der behandelnden Fachärztinnen und -ärzte liegt. „Sie informieren auch über Risiken und Nebenwirkungen.“ Die körperliche und seelische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen müsse dabei im Mittelpunkt stehen.

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Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.