Madrid/Brüssel. Biden macht ein großes Versprechen für die Ukraine beim Nato-Gipfel. Wegen der Nato-Erweiterung droht Putin. Auch China ist empört.

US-Präsident Joe Biden hat eine militärische Niederlage der Ukraine im Krieg gegen Russland ausgeschlossen. Zum Abschluss des Nato-Gipfels in Madrid sagte Biden: „Wir werden zur Ukraine halten, und die gesamte Allianz wird zur Ukraine halten – so lange wie es nötig ist, um zu verhindern, dass sie von Russland besiegt wird.“ Er wisse nicht, wie der Krieg enden werde, erklärte der Präsident.

„Aber er wird nicht mit einer Niederlage der Ukraine gegen Russland enden“. Biden stellte weitere Waffenlieferungen an die Ukraine im Umfang von knapp 800 Millionen Euro in Aussicht, wozu offenbar das moderne Raketenwerfer-System Himars und zusätzliche Munition gehören sollen.

Scholz: Russland bedroht durch aggressive Politik internationale Ordnung

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte der Ukraine ebenfalls weitere Hilfe der Allianz zu. Er forderte Russlands Präsident Wladimir Putin erneut zum sofortigen Abzug der russischen Armee aus der Ukraine auf. Putins brutaler Krieg verursache nicht nur Tod und Zerstörung in der Ukraine, sondern habe unter anderem durch steigende Preise für Nahrungsmittel Auswirkungen auf die ganze Welt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte, Russland bedrohe durch seine aggressive Politik die internationale Ordnung. Scholz sagte, er wolle sich bei den weiteren Waffenlieferungen in die Ukraine vor allem an den USA orientieren. Am Rande des Gipfels gab es Gespräche zwischen Deutschland und Spanien über eine mögliche Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern aus deutscher Produktion – die Lieferung wird in der Regierung in Madrid diskutiert, ist aber noch nicht beschlossen.

podcast-image

Nato-Erweiterung löst neue Spannungen mit Russland aus

Unterdessen löst die Nato-Norderweiterung um Schweden und Finnland neue Spannungen mit Russland aus. Putin warnt die westliche Allianz vor dem Aufbau von Militärbasen in beiden Ländern und droht mit Gegenmaßnahmen. Bei einem Besuch in der turkmenischen Hauptstadt Aschgabad warf Putin der Nato „imperiale Ambitionen“ vor.

Anders als im Fall der Ukraine störe Russland ein Nato-Beitritt von Finnland und Schweden nicht, erklärte der Kremlherrscher. Wenn jedoch „militärische Kontingente und militärische Infrastrukturen dort stationiert würden, wären wir verpflichtet, symmetrisch zu reagieren und die gleichen Bedrohungen für die Gebiete zu schaffen, von denen die Bedrohungen für uns ausgehen“, fügte Putin hinzu.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (links) und US-Präsident Joe Biden beim Nato-Gipfel in Madrid.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (links) und US-Präsident Joe Biden beim Nato-Gipfel in Madrid. © dpa | Bernd von Jutrczenka

Lawrow: Westen errichtet neuen „Eiserner Vorhang“

Das wird in der Nato als Drohung mit der Stationierung von atomwaffenfähigen Raketen in der Nähe der finnischen Grenze verstanden. Bislang ist offen, ob und in welchem Umfang in Finnland und Schweden Truppen auch von anderen Nato-Staaten oder beispielsweise westliche Raketensysteme zur Luftabwehr stationiert werden sollen.

Auch Stoltenberg äußerte sich dazu nicht. Er betonte aber, die Nato sei dazu da, alle Verbündeten zu schützen, auch Finnland und Schweden – dieses Versprechen sei „unerschütterlich“. Die Nato sei auf „alle Eventualitäten vorbereitet“.

Zum Abschluss des Nato-Gipfels bestätigte Stoltenberg, dass die Allianz am kommenden Dienstag die Aufnahme von Finnland und Schweden beschließen will. Dann sollen Vertreter alle 30 Mitgliedstaaten die Beitrittsprotokolle unterschreiben. Der russische Außenminister Sergej Lawrow beklagte, der Westen errichte in Europa einen neuen „Eiserner Vorhang“.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Boris Johnson: Ukraine kann die Russen zurückdrängen

Für Aufsehen beim Gipfel sorgte der Rückzug der russischen Armee von der strategisch wichtigen ukrainischen Schlangeninsel im Schwarzen Meer. Der Kreml nannte dies eine „Geste des guten Willens“. Der ukrainische Armeechef Walerij Saluschny sprach dagegen von einer Rückeroberung der Insel durch ukrainische Truppen. Die russischen Soldaten hätten die Schlangeninsel verlassen, „da sie dem Feuer unserer Artillerie, Raketen und Luftangriffe nicht standhalten konnten“.

Der britische Premier Boris Johnson sagte, der Rückzug von der Schlangeninsel verdeutliche, dass die Ukraine in der Lage sei, die Russen zurückzudrängen. „Es wird sich für Putin letztlich als unmöglich erweisen, ein Land zu unterwerfen, das seine Herrschaft nicht akzeptiert“.

Der Gipfel hatte scharfe Vorwürfe an Russland gerichtet und in einer neuen Strategie das Land erstmals offiziell als größte und unmittelbarste Bedrohung für die Allianz eingestuft. Die Nato nimmt aber auch China in den Blick, spricht hier indes milder von einer „Herausforderung“ für Interessen, Sicherheit und Werte der Alliierten; allerdings werden China auch „bösartige hybride und Cyber-Operationen“ vorgehalten sowie eine „konfrontative Rhetorik“ .

Chinesische Regierung wirft der Nato Verleumdung vor

Die chinesische Regierung reagierte am Donnerstag verärgert: „Die sogenannte Bedrohung durch China aufzubauschen ist völlig sinnlos“, sagte Zhao Lijian, Sprecher des chinesischen Außenministeriums. „Das neue sogenannte Strategiepapier der Nato missachtet Fakten, verwechselt Schwarz und Weiß und verleumdet Chinas Außenpolitik“. China lehne es entschieden ab.

Doch kann auch Peking nicht entgangen sein, dass sich der Gipfel um eine moderate Tonart bemüht hatte: Die USA und Großbritannien wollten China ursprünglich als „Risiko“ oder sogar „Gefahr“ bezeichnen, was unter anderem Deutschland und Frankreich verhinderten.

Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de.