Berlin . Getreide aus der Ukraine gegen den Wegfall der Sanktionen gegen Russland: Wie Kremlchef Putin die Getreidekrise instrumentalisiert.

Viele westliche Staaten bemühen sich gerade um eine Lösung der weltweiten Getreide-Krise: Die Türkei, Österreich, Italien an diesem Wochenende auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Vergeblich.

Denn der Mann, der die Krise mit dem Ukraine-Krieg und der Seeblockade im Schwarzen Meer überhaupt erst ausgelöst hat, Russlands Präsident Wladimir Putin, ist wild entschlossen, das Erpressungspotenzial voll auszureizen. In einem Telefonat mit Scholz und Macron forderte er einen Preis für ukrainische Getreideexporte: Im Gegenzug solle der Westen seine Sanktionen gegen Russland lockern.

Parallel dazu erklärte der Kreml, „eine Erhöhung der Lieferungen von russischem Dünger und landwirtschaftlichen Produkten wird auch dabei helfen, die Spannungen auf dem globalen Nahrungsmittelmarkt zu verringern“. Russland will seinen Getreideexport sogar steigern.

Getreidekrise: Scholz und Macron machen Putin für sie verantwortlich

Das ist auch leicht. Dem Hauptkonkurrenten, die Ukraine, schließt man mit der Seeblockade faktisch vom Welthandel aus. Von den unweigerlich steigenden Preisen würde Russland profitieren. Eine Win-Win-Situation.

Laut dem Berliner Regierungssprecher Steffen Hebestreit machten Macron und Scholz Russland für die besonders angespannte Lage bei der globalen Lebensmittelversorgung verantwortlich.

Von der Ukraine verlangte Putin, dass sie die zum Schutz ihrer Häfen gelegten Minen beiseiteräumt. Das würde von Russland „nicht für Angriffshandlungen missbraucht“ werden, so Putin.

Getreidekrise: Kann die Ukraine die Seeblockade torpedieren?

Aber genau das befürchtet in Kiew Präsident Wolodymyr Selenskyj: einen direkten Angriff auf die Hafenstadt Odessa, Ukraines Tor zur Welt. Das Kalkül der Ukraine ist ein anderes: Dass sie dank westlicher Anti-Schiffsraketen die russische Seeblockade vielmehr brechen kann.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Theoretisch gäbe es noch eine dritte Möglichkeit: Die Ukraine räumt die Minen, Russland zieht seine Schiffe zurück, eine internationale Schutztruppe sichert die Seewege und bürgt für die Sicherheit von Odessa. Aber das passt nicht zu Putins Strategie.

Ende April hatte ein hoher russischer General Putins nächste Ziele ausgeplaudert: Die Eroberung des gesamten Südens der Ukraine, einschließlich Odessa. Dann würde sich Russland einen Landkorridor bis Moldawien verschaffen.

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