Berlin. Der Bundestag ist weniger divers als die deutsche Bevölkerung. Erstmals ziehen zwei Transfrauen ins Parlament - was ändert sich noch?

Eigentlich sollte der Deutsche Bundestag so vielfältig wie unsere Gesellschaft sein und die Diversität in Deutschland abbilden. Verglichen mit den Anteilen in der Bevölkerung gibt es im Bundestag allerdings zu wenig Frauen, zu wenig Menschen mit Migrationsgeschichte, zu wenig Gechlechtervielfalt, zu wenig Junge, zu wenig ganz Alte. In der Vergangenheit wurde das Ziel weit verfehlt, was macht der neue Bundestag besser?

Frauenanteil im Bundestag steigt leicht an

In Zukunft sitzen wieder mehr Frauen im Parlament. Der Frauenanteil beträgt knapp 34,7 Prozent, wie auf einer Grafik des Bundestags erkennbar ist. In der vergangenen Legislaturperiode lag er bei rund 31 Prozent. Von 735 Parlamentssitzen werden nun 255 von Frauen besetzt und 480 von Männern. Dabei lassen sich erwartbar starke Unterschiede zwischen den Parteien erkennen.

Bei den Grünen und den Linken ziehen sogar etwas mehr Frauen als Männer in den Bundestag ein. Innerhalb der Fraktionen werden die Grünen 58,5 Prozent der Sitze an Frauen vergeben und die Linken rund 54 Prozent. In der SPD-Fraktion wird der Frauenanteil demnach bei rund 42 Prozent liegen. Die FDP-Fraktion weist einen Frauenanteil von rund 24 Prozent auf, dicht gefolgt von der Unionsfraktion mit rund 23,5 Prozent. Schlusslicht bildet, wie schon in der Vergangenheit, die AfD. Hier beträgt der Frauen-Anteil knapp 13,3 Prozent.

Allerdings gab es prozentual auch schon mehr Frauen im Bundestag als in der neuen Legislaturperiode. Nach der Wahl 2013 lag der Frauenanteil bei 36,3 Prozent, doch 2017 sank der Frauenanteil massiv ab. Der Grund: der Einzug der AfD in den Bundestag. Mit 10,6 Prozent Frauen hatte die AfD den niedrigsten Frauen­anteil aller Bundestags­fraktionen.

Geschlechtervielfalt - die ersten Trans-Frauen im Bundestag

In einer Hinsicht war die vergangene Bundestagswahl auf jeden Fall ein historischer Erfolg. Zum ersten Mal werden zwei Trans-Frauen in den Bundestag einziehen. Die Grünen-Politikerinnen Nyke Slawik und Tessa Ganserer sind als erste offen lebende Trans-Personen in das Parlament eingezogen. Ganserer lag in ihrem Nürnberger Wahlkreis hinter dem CSU-Direktkandidaten, hat aber über die Landesliste der bayerischen Grünen dennoch ihren Platz sicher. Dort stand sie auf Platz 13.

Lesen Sie hier: 185 Filmschaffende geben gemeinsam Outing bekannt

Die trans-idente Nyke Slawik zog ebenfalls über ihren Listenplatz ein. Sie kommt aus NRW, ihr Wahlkreis ist in Leverkusen, wo SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach das Direktmandat gewann. Im Bundestag gab es mit Christian Schenk von den Linken bisher erst einen trans-identen Abgeordneten. Schenk outete sich allerdings erst 2016, seine Amtszeit endete jedoch schon 2002.

Neuer Bundestag – mehr Abgeordnete mit Migrationsgeschichte

Der Anteil von Politikerinnen und Politikern mit Migrationsgeschichte ist im Bundestag leicht gestiegen. Ihr Anteil liegt laut dem Mediendienst Integration bei 11,3 Prozent. In der zurückliegenden Wahlperiode waren es 8,2 Prozent. An die Bevölkerungsrealität in Deutschland kommt der Bundestag trotz der leichten Erhöhung bei weitem nicht heran. Aktuell haben etwa 26 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Also entweder sie selbst oder mindestens ein Elternteil wurde nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren.

Dabei sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Fraktionen groß. Laut den Berechnungen des Mediendienstes hat die Linke mit einem Anteil von 28,2 Prozent als einzige Partei einen Anteil von Abgeordneten mit Migrationshintergrund, der in etwa dem der Gesamtbevölkerung entspricht. Bei der SPD-Fraktion stieg der Anteil von Menschen aus Einwandererfamilien im Vergleich zur zurückliegenden Legislaturperiode deutlich: von 9,8 Prozent auf nunmehr 17 Prozent. Bei den Grünen sank er demnach leicht, von 14,9 Prozent auf 13,6 Prozent.

Laut der Recherche des Mediendienstes Integration haben 7,2 Prozent der AfD-Abgeordneten einen Migrationshintergrund. In der FDP-Fraktion sind es 5,4 Prozent. Bei der CDU/CSU stieg der Anteil der Menschen mit ausländischen Wurzeln zwar leicht an. Die Union bleibt aber mit 4,6 Prozent die Fraktion mit dem geringsten Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund. Der Mediendienst hatte seine Datenerhebung auf nicht immer vollständige Auskünfte der Parteien und Fraktionen sowie auf eigene Recherchen gestützt.

Altersstruktur bildet nicht die Gesamtbevölkerung ab

Was in den kommenden Jahren entschieden wird, beeinflusst vor allem das Leben junger Menschen. Besonders die Folgen des Klimawandels werden sich noch deutlicher als bisher in den nächsten Jahrzehnten zeigen. Doch wie sieht die Verteilung im Bundestag aus? Im Durchschnitt ist eine Abgeordnete 45,5 Jahre und ein Abgeordneter 48,2 Jahre alt.

Der Anteil der Politiker und Politikerinnen im Alter von 18-24 beträgt 0,82 Prozent. Zwei Politiker unter 25 ziehen dabei für die SPD in den Bundestag, vier Politikerinnen und Politiker der U-25-Generation für die Grünen. Die Altersspanne von 25 bis 29 Jahre ist mit knapp sechs Prozent vertreten. An der Spitze liegen die Grünen mit 18 jungen Menschen im Parlament. Bei der AfD sitzt nur ein unter 30-Jähriger, bei der Linken gar keiner.

Prozentual gesehen befinden sich die meisten Parlamentarierinnen und Parlamentarier mit fast 17 Prozent in der Altersspanne zwischen 50 und 54 Jahren. Bei den 45- bis 49-Jährigen sind es 15 Prozent und auch bei den 55- bis 59-Jährigen sind es gut 15 Prozent. Damit bildet die Menschen zwischen 45 und 59 eine Basis von ca. 47 Prozent. Das Ende des Altersspektrums, 70 Jahre und älter, wird mit 1,4 Prozent abgebildet. Die 65- bis 69-Jährigen immerhin mit 3,7 Prozent. Zum Vergleich: In der Gesamtbevölkerung beträgt der Anteil der über 65-Jährigen fast 22 Prozent. (vad)