Rom. Papst Franziskus beurlaubt Erzbischof Georg Gänswein, den deutschen Präfekten des Päpstlichen Hauses. Das steckt hinter dem Entschluss.

Georg Gänswein ist offenbar nicht mehr Diener zweier Päpste. Nach der Affäre um ein Buch gegen eine möglicherweise bevorstehende Lockerung des Priesterzölibats, an dem der emeritierte Papst Benedikt mitwirkte, hat dessen Nachfolger Franziskus den deutschen Erzbischof beurlaubt. Bislang diente Gänswein ihm als Präfekt des Päpstlichen Hauses.

Wie die erzkatholische „Tagespost“ berichtete, bleibt der 63-Jährige Privatsekretär von Benedikt zwar auch bei Franziskus im Amt, ist aber auf unbestimmte Zeit beurlaubt.

Papst beurlaubt Gänswein – einen innerkirchlichen Kritiker

Gänswein galt ebenso wie der ehemalige Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, seit Langem als Teil der innerkirchlichen Opposition gegen Franziskus. Dieser beließ auch Müller lange im Amt, bevor er die Amtszeit des obersten Glaubenshüters 2017 nicht wie erwartet verlängerte.

Vor wenigen Wochen sorgte die Veröffentlichung eines angeblich von Benedikt und dem guineischen Kardinal Robert Sarah verfassten Buchs über den Priesterzölibat für Aufregung. Denn es kam einer bevorstehenden Entscheidung von Papst Franziskus über die Forderung nach einer Lockerung des Zölibats im Amazonasgebiet zuvor. Darin verteidigen die beiden angeblichen Autoren das Keuschheitsgebot als unverzichtbar.

Stein des Anstoßes ist ein Buch über den Zölibat

Benedikt ließ wenige Tage nach einer Vorveröffentlichung von Auszügen aus dem Buch seinen Namen von künftigen Ausgaben als Co-Autor streichen. Auf Betreiben seines Privatsekretärs Gänswein wird es in allen nach der bereits auf Französisch erschienenen Ausgabe von „Des profondeurs de nos coeurs“ (Aus den Tiefen unserer Herzen) erscheinenden Ausgabe heißen, das Buch sei unter Mitarbeit von Benedikt entstanden.

Da Benedikt selbst nie gelernt hat, auf einem Computer zu schreiben und mittlerweile kaum noch in der Lage ist, ein längeres Gespräch zu führen, kommt Gänswein im Kontakt zwischen dem emeritierten Papst und der Außenwelt eine Schlüsselrolle zu.

Welchen Anteil hat Gänswein an der Veröffentlichung?

Aus der Zeit von Benedikts Pontifikat ist der Erzbischof erfahren im Umgang mit Medien und dürfte die Wirkung des anfangs unter Benedikts Namen als Hauptautor erschienenen Buchs einzuschätzen gewusst haben. Deshalb steht seither die Frage im Raum, welchen Anteil er an dem Manöver hat, dass zur Veröffentlichung des Buchs führte.

Franziskus dürfte in Kürze das Papstdokument mit seinen Entscheidungen über die Bischofssynode über die Kirche im Amazonasgebiet veröffentlichen. Die Teilnehmer hatten im Oktober im Vatikan gefordert, als Maßnahme gegen den Priestermangel in entlegenen Gebieten der Region verheiratete Männer in Ausnahmefällen zu Priestern zu weihen.

Franziskus’ Gegner fürchten die Lockerung des Zölibats

Franziskus betont immer wieder die Bedeutung des Zölibats. Aber er zeigt sich auch offen für die Notwendigkeit, Gläubige in abgelegenen Regionen nicht von Messfeiern auszuschließen. Mit Spannung wird erwartet, ob er daraufhin in Kürze die Weihe von sogenannten „viri probati“ für abgelegene Gemeinden im Amazonas-Gebiet zulässt.

Kritiker von Papst Franziskus sehen die möglicherweise bevorstehende Lockerung des Zölibats als Häresie, als Verstoß gegen die katholische Glaubenslehre. Franziskus forderte vom Beginn seines Pontifikats vor knapp sieben Jahren kontroverse Debatten in der katholischen Kirche.

Kritiker seiner Reformen belässt er im Amt, um den Eindruck zu vermeiden, er mache sie mundtot. Offene Angriffe auf seine Autorität wie Müllers wiederholte Äußerungen über angebliche Häresien und Gänsweins Rolle bei der jüngsten Buchveröffentlichung überschritten aber offenbar die Grenze.